Berlin. Olaf Scholz hat recht: Die Bundesrepublik ist kein Freizeitpark, viele Beschäftigte geben alles. Das große Problem ist ein anderes.
Zum Tag der Arbeit hat Olaf Scholz offensiv daran erinnert, dass er nicht nur Kanzler, sondern auch Sozialdemokrat ist. Eine Anhebung des Renten-Eintrittsalters lehnt er ab. In absehbarer Zeit wird dies nicht kommen. Und auch zur Arbeitszeit-Debatte, die hierzulande wieder verstärkt geführt wird, hat sich Scholz eindeutig positioniert: Die Beschäftigten hätten noch nie so viel gearbeitet wie im vergangenen Jahr. Deshalb ärgere es ihn, wenn manche abschätzig vom „Freizeitpark Deutschland“ redeten.
Da hat der Kanzler Recht. Jegliche Verallgemeinerungen, wonach die Deutschen generell zu wenig arbeiteten, helfen nicht weiter. Sie müssen wie Hohn wirken für all jene Frauen und Männer, die Tag für Tag in den Fabriken, Büros und auf den Baustellen alles geben, irgendwie noch das Privat- und Familienleben organisieren und abends todmüde ins Bett fallen.
Deutschland muss das Potenzial der Arbeitskräfte besser nutzen
Hinzu kommt: Mehr als 1,3 Milliarden Überstunden leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr, die meisten davon unbezahlt. So schlecht scheint es um die Arbeitsmoral also nicht zu stehen. Richtig ist allerdings, dass Deutschland sein Arbeitskräftepotenzial nur unzureichend nutzt. In kaum einem anderen Industrieland arbeiten so viele Beschäftigte in Teilzeit, oft wider Willen.
Das betrifft meistens Frauen, die wegen fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten beruflich kürzertreten. Dabei ist die Politik gefragt. Aber auch die Arbeitgeber könnten deutlich mehr tun. Eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen ist eine entscheidende Stellschraube im Kampf gegen den Fachkräftemangel und für eine gerechtere Gesellschaft. Das kann man gar nicht oft genug betonen – auch jenseits des Tags der Arbeit.
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