Berlin. Wer von Trickserei beim Atomausstieg spricht, verschweigt die Tatsache, dass er nicht von Habeck beschlossen wurde – sondern der CDU.
Hat Robert Habeck (Grüne) mit fiesen Tricks den Deutschen den Atomstrom ausgeknipst? Diese These aus diversen Schlagzeilen ist nach näherer Betrachtung nicht zu halten. Man muss in der Politik schon unter schwerem Gedächtnisverlust leiden, wenn man vergisst, wer den Atom-Ausstieg vollzogen hat: Es war die damalige CDU-geführte Bundesregierung, die unter dem Schock von Fukushima 2011 und aus Sorge um die Wahlen in Baden-Württemberg den Stecker gezogen hat. Mit Stimmen der CDU, der SPD und der FDP. Bei den Liberalen, die ihre späte Liebe zur Atomkraft gerade entdecken, gab es ausschließlich Ja-Stimmen, wie das Bundestagsprotokoll ausweist.
Auf einem anderen Blatt steht die Frage, warum es der Wirtschaftsminister ablehnte, die letzten drei Meiler ein paar Monate länger laufen zu lassen. Dass dabei die Atomgegner im Hause lobbyierten, scheint offenkundig. Aber es war wirkungslos. Der Bundeskanzler ließ am Ende die Meiler mit seiner Richtlinienkompetenz weiterlaufen. Da kann man Aufklärung verlangen, Munition für einen Habeck-Sturz ist das aber nicht.
Die jüngste Debatte wirft allerdings das Schlaglicht auf ein unrühmliches Kapitel in der deutschen Energiepolitik. Heute ist klar: der ideologisch geprägte Ausstieg aus dieser Energie war angesichts der Klima-Herausforderungen und der Erpressbarkeit mit russischem Gas ziemlich kurzsichtig. Es fehlten faktenbasierte Argumente und ein kluger Blick in die nähere Zukunft. Fakt ist: Um Deutschland herum werden bei vielen Nachbarn neue Atomkraftwerke gebaut, die Technik ist weiter fortgeschritten, neue Mini-Kraftwerke sind sicherer und effizienter. Während Deutschland aussteigt, steigen unsere Nachbarn wieder stärker ein. Atomstrom aus dem Ausland fließt weiter in deutsche Netze. Das alles ist nicht logisch, schließlich kennen Strahlen keine Grenzen.
Atomkraft: Union plädiert für eine Rückkehr
Robert Habeck sollte in seinem Haus jetzt auf den Tisch hauen und die trickreichen Ideologen anzählen, die selbstherrlich entscheiden, was der Minister lesen soll und was nicht. Und die Liberalen sollten ihre ganze Kraft in der Regierung darauf verwenden, die Energiesicherheit für Deutschland zu gewährleisten. Diese rückwärts gerichteten Parteienkämpfe sind vor allem Energieverschwendung. Sie bringen weder Punkte beim Wähler noch eine einzige Kilowattstunde ins Netz. Sollten die erneuerbaren Energien tatsächlich nicht ausreichen für die ambitionierten Umbaupläne der deutschen Industrie, muss die Debatte um deutschen Atomstrom neu und sachlich geführt werden.
Die Union tritt – noch etwas verklausuliert formuliert – für ein Revival der Atomkraft ein. Das ist vielleicht die gravierendste Abkehr von der alten Wirtschaftspolitik Angela Merkels, und eine wachsende Zustimmung in Umfragen zu diesem Thema zeigt, dass ein Umdenken einsetzt. Atomstrom verliert in Zeiten von Kriegen, Dürren und Gletschersterben seinen Schrecken. Ob Deutschland den Ausstieg aus dem Ausstieg wagt und wieder neue Atomkraftwerke plant und baut – darüber werden am Ende die Wählerinnen und Wähler mit dem Stimmzettel bei der nächsten Bundestagswahl entscheiden.
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