Berlin. Die Zeiten sind unsicher, das ist auch den jungen Menschen klar. Sie leben im Hier und Jetzt – das darf die Politik nicht ignorieren.
Es gibt viele Meinungen zur Generation Z, und meistens sind nicht sehr positiv. Im Zentrum steht der Vorwurf, die jungen Männer und Frauen seien nicht mehr so belastbar, stattdessen vor allem auf ihre Work-Life-Balance bedacht – und durch die Pandemie irgendwie verkorkst. Über all diesen Eigenschaften schwebt dann noch der stark abwertende Begriff: faul. Die Gen Z ist faul.
Ein schwerer Vorwurf, oft kombiniert mit einer Art Mitleid, vorgetragen von der Elterngeneration, den Boomern, die kopfschüttelnd die schlechten Lebensbedingungen der Jugend bedauern – im Vergleich zu ihren. „Wie waren immer viele“, sagen sie gern. „Und das macht es nicht leicht“. Aber das Leben sei doch bisher ganz okay gewesen. Wiedervereinigung statt Kriegstreiberei, Partys an jedem Wochenende, günstige Mieten, wachsende Gehälter und vor allem: eine ordentliche Rente, die sie sehr bald genießen können.
Lesen Sie hier den Beitrag zur Jugend-Studie: Depressiv im Hier und Jetzt
Der größte Unterschied zur Elterngeneration: Das, was sich unter dem Begriff „Sicherheit“ sammelt, haben die jungen Erwachsenen in der Regel nicht. Sie stehen vor einer Weltlage, die so gefährlich ist wie seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr. Dazu die Auswirkungen des Klimawandels. Sie spüren unmittelbar die Folgen der Inflation und fürchten sich vor dem großen Renten-Crash, der sie im Alter arm werden lässt. Und sie erleben, wie ihre ersten Gehälter von horrenden Mieten aufgefressen werden.
Generation Z: Gewissheiten der Boomer stehen auf Prüfstand
Die Jungen zahlen für ihre Mini-Apartments und WG-Zimmer, was die Elterngeneration mit ihren günstigen Mietverträgen für große Wohnungen in der Stadt erhält. Wozu sich also anstrengen, mit diesen Aussichten aufs Leben? Dieses Fazit mag voller Wohlwollen und Verständnis über die Gen Z sein, dennoch ist es vor allem oberflächlich. Das zeigt die Studie „Jugend in Deutschland“, die genau seziert, mit welchen Herausforderungen junge Menschen konfrontiert werden – und wie sie damit klarkommen.
Denn die Jugendforscher kommen zu einer bemerkenswerten Schlussfolgerung: Trotz der Kriege in der Ukraine und in Nahost, die die Sicherheit auch in Deutschland bedrohen, trotz der unausweichlichen Folgen des Klimawandels, die ihnen bevorstehen, trotz der unsicheren wirtschaftlichen Aussichten und einer politisch gespaltenen Gesellschaft zeigt die Jugend einen enormen Gestaltungswillen. Sie will sich einbringen im Job, in der Familie, in der Gesellschaft. Die Frage ist nur, wie.
Ein Weiter-So ist jedenfalls nicht damit gemeint. Und deshalb stellen sie Forderungen, die ihre totale Berechtigung haben: Der Chef, der die Arbeit nicht wertschätzt? Die Überstunden nicht bezahlt? Die Chefin, die kein Feedback gibt? Die unzuverlässig ist und mit leeren Versprechungen arbeitet? All die Eigenschaften von Vorgesetzten, mit denen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während ihrer gesamten Berufslaufbahn gequält wurden, stehen auf dem Prüfstand.
Der Rechtsruck? Ist auch das Versagen der etablierten Parteien
Es setzt Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels unter Druck, wenn ihnen selbstbewusst gesagt wird: Klar arbeite ich mehr. Aber das muss sich finanziell auch bemerkbar machen und obendrein sinnvoll sein und Spaß machen. Anders gesagt: Schluss mit der Ausbeutung. Für diese Haltung sollten wir alle die jungen Menschen lieben.
Noch ein Wort zum Rechtsruck: Der ist schnell erklärt und sollte hier weder überbewertet noch ausgeschlachtet werden. Darin spiegelt sich zum einen ein gesamtgesellschaftliches Problem wieder. Zum anderen auch eine große Missachtung und Ignoranz der etablierten Parteien, denn sie haben die jungen Leute, die sich vor allem über Social Media informieren, sich selbst überlassen – und damit in die Hände der AfD gegeben.
Denn die in weiten Teilen gesichert rechtsextreme Partei hat als einzige erkannt, auf welchen Kanälen sie in Zeiten der Krise junge Menschen einfangen kann: YouTube, Instagram, TikTok. Konkurrenz? Gibt es kaum. Widerspruch? Viel zu selten. Ob die Union oder die Ampelparteien: Wenn sie endlich einsteigen in die Welt der schnellen Videoclips, der unmittelbaren Kommunikation, den Likes und Shares: Wenn sie mithalten wollen, müssen sie sich anstrengen. Ein Kanzlerlächeln reicht als Erwiderung auf die AfD nicht aus.
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