Berlin. Die mutmaßlichen Pläne von „Reichsbürgern“ zeigen: Die Szene ist gefährlich. Und hat sich radikalisiert. Der Staat muss handeln.
Man könnte schmunzeln – wäre es nicht so bitterernst. Eine Truppe um einen Prinzen, schon im Rentenalter, von der ein Teil von angeblichen „Eliten“ eines „tiefen Staates“ fabuliert, die Kinder in unterirdischen Tunnelsystemen gefangenhalten und foltern. Eine Clique, die Pläne schmiedet für einen Angriff auf das Reichstagsgebäude in Berlin, den Sitz des Bundestags.
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Klingt krude. Ist es auch. Vor allem aber sind es keine Spinnereien, keine harmlosen Rentner-Fantasien. Die Staatsanwaltschaft wirft den knapp 30 mutmaßlichen Putschistinnen und Putschisten die Gründung einer terroristischen Vereinigung vor. Bald soll der Prozess beginnen.
Der Fall zeigt: Die Szene der „Reichsbürger“ hat sich über Jahre vernetzt. Und sie konnte dies tun, weil die Sicherheitsbehörden diese Extremisten zu spät ins Visier nahmen. Den Blick in extrem rechte Subkulturen verpasste der Staat lange – und muss nun nachlegen.
Das Gefährliche ist: Die Szene ist groß, mehr als 20.000 Anhänger zählen die Sicherheitsbehörden. Und sie sind gut vernetzt, immer wieder tauchen Verbindungen in die Bundeswehr, in die Polizei auf. Mutmaßliche Rädelsführer wie Prinz Reuß besitzen zudem Geld und Immobilien. Das dient laut Ermittlern zur Organisation der Zellen.
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Der Staat muss wachsam sein. Die Szene muss entwaffnet werden. Zugleich gilt es, Menschen in ihrem verschwörungsideologischen Wahn auch einen Ausstieg über Bildungsprogramme zu ermöglichen. Und es braucht mehr Gegenrede im Netz, auf den sozialen Plattformen: „Reichsbürger“ pushen sich dort immer wieder mit antisemitischen, antidemokratischen Parolen in ihre Wahnwelt. Razzien reichen nicht aus, der Kampf gegen Extremisten entscheidet sich auch im digitalen Raum.