Düsseldorf. Nicht einmal 30 Prozent Frauenanteil in den NRW-Kommunalparlamenten: Jetzt soll das Wahlgesetz geändert werden. Ein Drahtseilakt.
Im Kampf gegen den Frauenmangel in den nordrhein-westfälischen Stadt- und Kreisparlamenten will die schwarz-grüne Landesregierung das Kommunalwahlgesetz ändern. Geplant ist vor der nächsten Kommunalwahl im nächsten Jahr eine „appellative Regelung“. Wählergruppen und Parteien sollen sich stärker bemühen, bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen Geschlechterparität anzustreben.
Konkret heißt es in einem neuen Gesetzespassus, den die von CDU und Grünen gestellte Landesregierung in den Landtag eingebracht hat: „Frauen und Männer sollen gleichmäßig in Vertretungskörperschaften repräsentiert sein (Geschlechterparität).“
Frauen sind noch immer stark unterrepräsentiert. Nicht einmal jeder dritte Sitz in Stadt- und Gemeinderäten oder Kreisparlamenten ist aktuell weiblich besetzt. In den Großstädten ist der Anteil mit rund 35 Prozent etwas besser, in den Räten der meist eher ländlichen kreisangehörigen Gemeinden sieht es mit 27 Prozent noch düsterer aus.
Verpflichtende Geschlechterparität ist verfassungsrechtlich problematisch
Die Unterrepräsentanz von Frauen habe „unterschiedliche und nicht abschließend geklärte Ursachen“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Ein entscheidender Einfluss komme den politischen Akteuren bei der Aufstellung der Wahlvorschläge zu. „Sie haben es in der Hand, durch die Aufstellung der Bewerberinnen und Bewerber für die Wahl der Gebietskörperschaften zu einem gleichberechtigten Geschlechterverhältnis in diesen beizutragen.“
Die Landesregierung will es gleichwohl weiterhin Parteien und Wählergruppen überlassen, auf welche Art und Weise sie „das Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in den Kommunalvertretungen erreichen möchten“. Verpflichtende Paritätsregelungen sind verfassungsrechtlich heikel und wurden in Brandenburg und Thüringen bereits gekippt. Wahlvorschlagsfreiheit und Chancengleichheit dürfen nicht eingeschränkt werden.
Vorschrift zu Frauenanteil in Kommunalparlamenten: Erfahrungen ernüchternd
Rechtswissenschaftler Janbernd Oebbecke, der kommende Woche in einer Expertenanhörung des Landtags befragt wird, wirkt nicht überzeugt. „In Gesetze gehören keine rechtlich unverbindlichen Appelle“, schreibt er vorab in einer Stellungnahme. Es stehe dem Landtag ja frei, „politische Appelle in anderer Form, etwa als Entschließung, zu beschließen, wenn er das für richtig hält“.
Andere Länder haben mit solchen Soll-Vorschriften ernüchternde Erfahrungen gemacht. In Rheinland-Pfalz ist es auch sechs Jahre nach deren Einführung nicht zu einer deutlichen Verbesserung gekommen. In Baden-Württemberg und Hessen lässt sich ebenfalls kaum Fortschritt beim Frauenanteil feststellen.
In NRW konnten Großstädte wie Köln (Oberbürgermeisterin Henriette Reker) oder Bonn (Katja Dörner) zuletzt ein wenig über das Problem hinwegtäuschen. Seit Jahren wird jedoch ergebnislos darauf hingewiesen, dass die Sitzungsroutinen in der ehrenamtlich organisierten Lokalpolitik gerade für Frauen, die neben dem Beruf oft einen Großteil der Familienarbeit leisten, unattraktiv sind.