Berlin. Umweltministerin Steffi Lemke wollte die Einfuhr einiger Jagdtrophäen erschweren oder verbieten. Nun wird sie selbst politisch gejagt.
In Botswana sind sie nicht gut auf Steffi Lemke zu sprechen. Gerade hat die grüne Ministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ein vergiftetes Angebot bekommen: Elefanten. Keine Exemplare für den Schreibtisch – richtige Elefanten. Und zwar recht viele. Präsident Mokgweetsi Masisi sagt: „Wenn ihr Elefanten so mögt, dann nehmt bitte 20.000 von ihnen an.“
Zu diesem politischen Streit gehören freilich nicht nur Lemke und Masisi, sondern auch die „Bild“-Zeitung, eine Abgeordnete der CSU und die Jäger. Es gibt in Deutschland 436.325 Menschen mit Jagdschein. Mehr als die Hälfte von ihnen ist Mitglied im Deutschen Jagdverband. Nicht jede oder jeder ist auf der Pirsch nach Elefanten. Aber wohl viele schätzen Trophäen.
Lemke ruft die Opposition auf den Plan
Der Artenschutz trieb die Grünen schon bei den Koalitionsverhandlungen der Ampel um. Weil sie sich nicht mit der SPD und FDP einigen konnten, will sich Lemke darauf verlegen, ersatzweise den Import von Jagdtrophäen geschützter Arten zu reduzieren. Oder ganz zu verbieten.
Das bleibt Anja Weisgerber nicht verborgen. Weisgerber ist ein Politprofi, sie sitzt im CSU-Vorstand und seit über zehn Jahren im Parlament, im Umweltausschuss als Gegenspielerin der Grünen-Politikerin. Die CSU-Frau kämpft daheim für den Beschuss von Wölfen und weiß ganz genau, wie man ein Thema setzt. Am 21. Februar stellt die Politikerin aus Schweinfurt zu den Jagdtrophäen eine Anfrage im Bundestag.
Lemke lässt durch ihre Staatssekretärin Bettina Hoffmann antworten, dass sich ihr Ministerium für eine Verschäfung des EU-Rechts einsetze, konkret für eine Ausweitung der Einfuhrgenehmigungspflicht für Jagdtrophäen. Bisher umfasse sie zwölf Tierarten. Künftig würden mehr davon profitieren, „darunter Giraffe und Krokodil“. Die Tiere viellecht, aber nicht die Länder, nicht die Jäger.
Der hässliche Vorwurf des Kolonialismus
Ein paar Tage später greift das Fachportal „Pirsch“ die Sache auf und zitiert den jagdpolitischen Sprecher der CDU, Hans-Jürgen Thies. Der vermutet, dass die Gründe für die beabsichtigte Restriktion in der „persönlichen Ideologie der Bundesumweltministerin Lemke verankert sind“. Ihr Eingriff in die Souveränität afrikanischer Staaten „hat etwas postkoloniales.“
Daran knüpft der namibische Umweltminister Pohamba Shifeta an. Er wirft Lemke Ende Februar in einem Schreiben ein einseitiges, widerrechtliches und neokoloniales Verhalten vor. Für „Bild“ ist es ein gefundenes Fressen: „Riesen-Afrika-Ärger für die Grünen“, titelt das Boulevardblatt Ende März („schöne Tiere, hässliche Vorwürfe“). Nun wird endgültig zum politischen Halali auf Lemke geblasen.
Zwist in der Ampel-Koalition
Für viele Staaten ist Jagdtourismus ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, auch für Botswana. Umweltminister Dumezdweni Mthimkhulu reist eigens nach Berlin, um Lemke ihren Plan auszureden. In „Bild“ leistet ihr Koalitionspartner Schützenhilfe – für die Kritiker der Ministerin. FDP-Jagdexperte Karlheinz Busen wirft Lemke vor, für einen diplomatischen Eklat gesorgt zu haben. „Frau Lemke muss einsehen, dass sie keine ideologische Weltpolizei ist.“
Botswana grenzt im Süden an Südafrika, im Westen und Norden an Namibia, im Nordosten an Sambia und Simbabwe. Es ist gemäß dem „Demokratieindex“ das demokratischste Land auf dem afrikanischen Festland. Vor allem hat Botswana einen Überschuss an Elefanten, eine so genannte Überpopulation.
Botswana hat zu viele Elefanten
Hier leben an die 130.000 Elefanten, so viele wie in keinem kein anderen afrikanischen Land. Deswegen hat man schon 8000 Dickhäuter an das Nachbarland Angola abgegeben. Wer Jagd-Trophäen verbieten wolle, fördere Armut und Wilderei und schade seinem Land, empört sich Präsident Mokgweetsi Masisi, selbsredend in „Bild“. In seinem Land würden Menschen von Elefanten angegriffen und totgetreten, Dörfer verwüstet und Ernten vernichtet.
Jagd ist nach seinen Worten ein wichtiges Mittel, den Bestand zu regulieren; und ein lukratives obendrauf, Jäger als Touristen sind eine zahlungskräftige Klientel. Die Deutschen sollen 20.000 Elefanten nehmen und so mit ihnen zusammenleben, „wie ihr es uns vorzuschreiben versucht“, gibt er zum Besten. „Das ist kein Scherz.“ Und: „Wir akzeptieren kein Nein.“
Lemke längst in der Defensive
Eine „afrikanische Wut“ macht derweil „Pirsch“ aus. Im afrikanischen Kontinent sei der Frust über die Politik von Steffi Lemke entbrannt. Seit bald sechs Wochen geht das schon so; in Botswana haben sie offenbar ein Elefantengedächtnis.
Und Lemke? Ist längst da, wo die Opposition sie haben möchte: in der Defensive. „Erst Namibia, jetzt Botswana. Das wirft kein gutes Licht auf Deutschland“, sagt Weisgerber unserer Redaktion. „Frau Lemke sollte schleunigst vom Verbots- in den Dialogmodus wechseln.“ Oder 20.000 Elefanten annehmen?
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