Köln. Vor dem Spitzentreffen von Bund und Ländern fordert der NRW-Ministerpräsident in der ARD-Sendung mehr Tempo bei der Begrenzung von Migration.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hält sich eine Kanzlerkandidatur für die Union offen: „Wir werden uns alles in Ruhe angucken und dann entscheiden“, sagte Wüst am Dienstag in der ARD-Sendung „Maischberger“. Er setze darauf, dass seine Partei den Kanzlerkandidaten frühestens im Herbst 2024 nominiere. „Ich bin sehr dafür, dass wir insbesondere den Kolleginnen und Kollegen aus dem Osten folgen, die jetzt darum gebeten haben, dass man diese Entscheidung erst dann trifft, wenn ihre Wahlen hinter uns liegen.“
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Sein möglicher Konkurrent, CDU-Parteichef Friedrich Merz, habe „auch erkennen lassen, dass er das will“, sagte Wüst. „Wir sprechen viel miteinander.“ In der Frage der Kanzlerkandidatur seien sie beide der Meinung, „dass es wichtig ist, wer Wählergruppen erreichen kann“. Die CDU wolle regieren „und dann guckt eine Partei natürlich auch drauf, wer hat gute Chancen, wer erreicht Wählerinnen und Wähler? Das hat Friedrich Merz auch selber so gesagt“, sagte Wüste bei „Maischberger“.
Wüst fordert mehr Tempo bei Begrenzung von Migration
Vor dem Spitzentreffen von Bund und Ländern an diesem Mittwoch forderte Wüst entschiedenere und schnellere Maßnahmen bei der Begrenzung irregulärer Migration: „Noch so ein Jahr on top, immer noch mehr Menschen obendrauf, wird uns an die Grenzen dessen bringen, was überhaupt noch geht“, sagte er. Nach dem großen Flüchtlingszugang 2023 sei davon auszugehen, dass es auch dieses Jahr so weitergehe. „Aber unsere Systeme ächzen“, sagte der CDU-Politiker. „Knapp die Hälfte der Menschen, die zu uns kommen, haben kein dauerhaftes Recht, hier zu sein.“
Auf die Frage, ob er die von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vorgeschlagene Obergrenze von 60 000 Flüchtlinge pro Jahr für richtig halte, sagte Wüst: „Ich glaube, das ist eine Zahl, die sich an dem orientiert, was wir hier verarbeitet kriegen.“
In Deutschland stellten im Jahr 2023 rund 329 000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl – etwa 50 Prozent mehr als 2022. Die mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine, die seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 nach Deutschland kamen, sind darin nicht erfasst, da sie kein Asyl beantragen müssen.
Spitzentreffen von Bund und Ländern zur Migrations- und Asylpolitik
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten wollen an diesem Mittwoch über die Bewältigung aktueller Herausforderungen in der Migrations- und Asylpolitik beraten. Ein Großteil der Verabredungen des letzten Bund-Länder-Treffens sei nicht oder nicht mit ordentlicher Wirkung umgesetzt worden, sagte Wüst. Er nannte als Beispiel Migrations- und Rückführungsabkommen. Auch die Grenzschutzagentur Frontex sei nicht gestärkt worden. Das Gesetz der Bundesregierung für verbesserte Rückführungen sei „ziemliche Kosmetik“.
Erneut machte Wüst sich für Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union stark. Er glaube nicht, dass die Grünen am Ende ein Problem damit hätten, wenn die Verfahren nach den Regeln der Europäischen Menschenrechtskonvention und unter dem Dach der Vereinten Nationen abliefen. Die Asylverfahren müssten auch nicht in Afrika, sondern könnten auch entlang der Fluchtrouten erfolgen, sagte der CDU-Politiker. So habe Italien etwa eine entsprechende Verabredung Albanien getroffen. Auch wenn es ein oder zwei Jahre bis zur Umsetzung von Asylverfahren außerhalb der EU dauere, müsse jetzt gehandelt werden. „Wir laufen in eine Situation der Überforderung hinein“, sagte Wüst. „Die Extremisten werden stärker, und jährlich ertrinken Tausende Menschen im Mittelmeer.“ (red/dpa)