Berlin. Der Tod des Kremlkritikers Alexej Nawalny erschüttert die Politik. Die Reaktionen von Scholz, Merkel, Baerbock und Co ...
Nach dem Tod des führenden russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny haben deutsche und internationale Politikerinnen und Politiker mit Bestürzung reagiert. Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich entsetzt über Berichte über den Tod des führenden russischen Oppositionspolitikers. „Wir wissen aber nun auch ganz genau, spätestens, was das für ein Regime ist“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Er erinnerte bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj daran, wie er Nawalny in Berlin getroffen habe, als dieser sich in Deutschland von einem Giftanschlag zu erholen versucht habe. Dabei habe er mit Nawalny auch über den großen Mut geredet, den es erfordere, wieder zurückzugehen in das Land. Scholz: „Und wahrscheinlich hat er diesen Mut jetzt bezahlt mit seinem Leben.“
Scholz sagte, wer in Russland Kritik äußere und sich für die Demokratie einsetze, müsse um Sicherheit und Leben fürchten. „Wir sind bei der Familie, der Frau und dem Kind und all den Angehörigen und Freunden“, sagte Scholz. „Und es ist etwas ganz Furchtbares, auch als ein Zeichen, wie sich Russland verändert hat. Nach den nun schon leider lange zurückliegenden hoffnungsvollen Entwicklungen, die in Richtung Demokratie gegangen waren, ist das längst keine Demokratie mehr.“
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Selenskyj: Nawalny wurde offensichtlich getötet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass Nawalny getötet wurde. Es sei sehr bedauerlich, dass Nawalny in einem russischen Gefängnis gestorben sei, sagte Selenskyj am Freitag laut offizieller Übersetzung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. „Es ist für mich offensichtlich: Er wurde getötet. Wie andere Tausende, die zu Tode gequält wurden wegen dieses einen Menschen.“
„Putin ist es egal, wer sterben wird. Hauptsache, er bleibt bei seiner Position“, sagte Selenskyj. „Und deshalb sollte er auch alles verlieren. Er sollte verlieren, er sollte alles verspielen, und er sollte dann auch zur Verantwortung gezogen werden für die Verbrechen.“
Merkel: Nawalny „wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands“
Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Moskau für den Tod Nawalnys verantwortlich gemacht. Nawalny sei „Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands“ geworden, erklärte Merkel am Freitag in einer Mitteilung. „Es ist furchtbar, dass mit ihm eine mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht wurde.“
Die Nachricht habe sie „mit großer Bestürzung“ erfüllt, erklärte Merkel weiter. „Meine Gedanken sind bei seiner Frau, seinen Kindern, seinen Freunden und seinen Mitarbeitern.“
EU-Ratspräsident: Russland für Tod Nawalnys verantwortlich
Außenministerin Annalena Baerbock würdigte Nawalny als Vorbild für Freiheit und Demokratie. „Wie kaum ein anderer war Alexej Nawalny Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland. Genau deswegen musste er sterben“, schrieb die Grünen-Politikerin am Freitag bei X, früher Twitter. Sie ergänzte: „Meine Gedanken sind bei seiner Frau und seinen Kindern.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist „zutiefst beunruhigt und traurig“ über den Tod Nawalnys. „Eine düstere Erinnerung daran, worum es (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin und seinem Regime geht“, schrieb von der Leyen am Freitag auf der Plattform X (ehemals Twitter). Der Kremlchef fürchte nichts mehr als die Meinungsverschiedenheiten seines eigenen Volkes. „Lassen Sie uns gemeinsam kämpfen, um die Freiheit und Sicherheit derjenigen zu schützen, die es wagen, sich gegen die Autokratie zu wehren“, so von der Leyen.
EU-Ratspräsident Charles Michel hat Russland für den Tod des russischen Oppositionspolitikers verantwortlich gemacht. „Die EU macht das russische Regime allein für diesen tragischen Tod verantwortlich“, schrieb Michel am Freitag auf der Plattform X (ehemals Twitter). Nawalny habe für Freiheit und Demokratie gekämpft. „Für seine Ideale brachte er das höchste Opfer.“ Michel spreche seiner Familie und denjenigen, die weltweit unter den dunkelsten Bedingungen für Demokratie kämpfen, sein Beileid aus. „Kämpfer sterben“, so Michel, aber der Kampf um Freiheit ende nie.
Habeck: Regime Putin hat Nawalny auf dem Gewissen
Vizekanzler Robert Habeck reagierte bestürzt auf Nawalnys Tod. „Alexander Nawalnys Tod erschüttert mich bis ins Mark“, sagte der Wirtschafts- und Klimaschutzminister am Freitag. „Das Regime Putin hat ihn auf dem Gewissen.“
Habeck sagte, Nawalny habe sein Leben verloren in seinem Einsatz für ein besseres Russland. „Er war ein Patriot, der sich für Demokratie und den Rechtsstaat einsetzte und sein Land und die Menschen dort liebte. Mehr als sein eigenes Leben.“ Trotz Lebensgefahr sei er nach Russland zurückgekehrt, so Habeck. „Meine Gedanken sind jetzt bei seiner Frau Julija Nawalnaja und allen, die wie Alexander Nawalny für ein freies Russland kämpfen.“
Auch Wirtschaftsminister Christian Lindner (FDP) gab Wladimir Putin die Schuld an Nawalnys Tod. „Alexej Nawalny hat für ein demokratisches Russland gekämpft. Putin hat ihn dafür zu Tode gequält.“, schrieb er auf X.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die Regierung in Moskau eindringlich zu einer Aufklärung des Todes des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny auf. „Meine Botschaft ist, dass wir alle Fakten klären müssen und dass Russland all die ernsten Fragen zu den Ursachen seines Todes beantworten muss“, sagte der Norweger am Freitag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz in einer ersten Reaktion. „Ich bin zutiefst traurig und sehr besorgt.“ Zu Nawalny sagte Stoltenberg, dieser sei ein starker Kämpfer für Freiheit und Demokratie gewesen. Die Nato werde weiter all diejenigen unterstützen, die an diese Werte glauben.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth (SPD), schrieb am Freitag auf X, Russlands Präsident Wladimir Putin handele „wie ein Mafiapate, ganz in der Tradition Stalins: Hin und wieder ein Auftragsmord, um kritische Geister, die seine Allmacht infrage stellen, einzuschüchtern“. Russland sei eine Diktatur aus dem Lehrbuch.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach nannte Nawalny auf X einen Helden. „Durch seinen Widerstand hat er früh der Welt klargemacht, dass Putin ein rücksichtsloser Verbrecher im Amt ist.“
Die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, schrieb auf X: „Was für ein mörderisches System. Nawalny war Putins Angstgegner.“ Er habe für ein Russland gestanden, in dem Meinungen frei und Wahlen fair seien. Grünen-Chef Omid Nouripour schrieb auf X: „Sein Mut lebt weiter in den Menschen, die sich gegen die russische Diktatur stellen.“
Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen bezeichnete Nawalnys Tod auf X als „schrecklich und traurig“. Nawalny sei „ein großer Mann mehr, den Putin auf dem Gewissen hat.“
Die Linken-Politiker Dietmar Bartsch und Martin Schirdewan bezeichneten Nawalnys Tod als „politischen Mord“. „Sein erschütternder Tod geht auf das Konto Moskaus, das Putins schärfsten Kritiker eingekerkert hatte“, schrieb Bartsch auf X. „Das ist zweifelsfrei ein politischer Mord, wie er nur unter Despoten möglich ist. Abscheulich! RIP“. Linken-Chef Schirdewan sprach ebenfalls von einem „politischen Mord mit Ansage“ und forderte eine internationale Aufklärung des Falls.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner sagte: „Der Tod von Alexej Nawalny zeigt einmal mehr, wie ungeheuerlich Putins Regime ist“, erklärte Wegner am Freitag. „Menschliches Leben ist in diesem Russland nicht viel wert.“ Mit Nawalny sterbe ein Teil des offenen, demokratischen, des europäischen Russlands, sagte Wegner. „Sein Tod ist auch eine Botschaft an uns alle: Wir Europäer müssen dringend wehrfähiger werden. Putins Regime macht vor nichts Halt − außer vor einer glaubwürdigen und resoluten Abschreckung.“ Berlin trauere um Nawalny, fügte Wegner hinzu. „Meine Gedanken in diesen Stunden sind bei seiner Familie, Freunden und all den mutigen Menschen in Russland, die weiterhin für ein freies und demokratisches Russland kämpfen.“
Nawalny starb nach Angaben der russischen Justiz am Freitag in Haft. Demnach brach der 47-Jährige nach einem Spaziergang in seiner sibirischen Strafkolonie zusammen.