Düsseldorf. Nach der Vertreibungsplan-Enthüllung soll ein Sachverständiger im NRW-Landtag abberufen werden. Doch der sagt: „Ich bleibe sitzen.“

Der umstrittene Jurist Ulrich Vosgerau will trotz seiner Teilnahme an der Potsdamer Konferenz mit führenden Köpfen der rechtsextremen Identitären Bewegung weiterhin Sachverständiger des nordrhein-westfälischen Landtags bleiben.

Wenn andere nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten wollten, werde „wohl eher deren Arbeit beeinflusst, meine ja nicht, weil ich bleibe ja sitzen“, sagte Vosgerau am Freitag vor der Sitzung der Enquetekommission „Krisen- und Notfallmanagement“ im Düsseldorfer Parlament.

Vier Landtagsfraktionen in NRW wollen nicht länger mit Vosgerau zusammenarbeiten

Die Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP forderten den Kommissionsvorsitzenden und AfD-Chef Martin Vincentz im Sitzungsverlauf in einem beispiellosen Schritt gemeinsam auf, Vosgerau als Experten zurückzuziehen. Das lehnte Vincentz ab und verwies auf dessen unbestrittene Expertise.

Die übrigen Fraktionen wollen nun beraten, wie sie weiterverfahren. Enquetekommissionen sind eigentlich überparteilich angelegt und tagen zu einem Thema mehrere Jahre. Die Abgeordneten werden dabei von einer Art Sachverständigenrat begleitet. Jede Fraktion darf einen Wissenschaftler benennen, der vom Landtag 2000 Euro pro Quartal erhält. Die AfD hatte Vosgerau vorgeschlagen.

Offenbar gibt es keine rechtliche Möglichkeit der Abberufung. Der Fall ist in der Landtagsgeschichte auch noch nie vorgekommen. Die Enquetekommission „Krisen- und Notfallmanagement“ soll zunächst zwei Jahre bestehen und dann dem Parlament einen Abschlussbericht vorlegen.

SPD-Landtagsabgeordneter nennt Vosgerau „Sachverständigen ohne Anstand“

Man wolle mit einem „Sachverständigen ohne Anstand“ nicht länger zusammenarbeiten, bekräftigte der SPD-Abgeordnete Rodion Bakum. Zugleich sei es für ihn keine Option, die Enquetekommission selbst zu verlassen. „Ich lasse mich weder aus diesem Land vertreiben noch aus solchen Gremien“, sagte Bakum, der vor 30 Jahren als jüdischer Kontigentflüchtling aus der Ukraine nach Mülheim kam.

Der Rechercheverbund „Correctiv“ hatte die Potsdamer Konferenz um den bekannten österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner enthüllt, bei der Pläne zur Ausweisung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland beraten worden sein sollen. Unter den Teilnehmern befanden sich ranghohe AfD-Funktionäre, aber auch Unternehmer und CDU-Mitglieder.

Potsdamer Konferenz als rein privates Treffen, das „niemals öffentlich ausstrahlen sollte“?

Auch Vosgerau stellte am Freitag klar, dass er weiterhin Mitglied der CDU ist und sich die Positionen Sellners gar nicht zu eigen gemacht habe: „Ich hätte sicherlich keine öffentliche Veranstaltung mit Martin Sellner durchgeführt, da ich ja die Position der Identitären Bewegung keineswegs unterstütze.“

Es sei um ein Treffen in einem rein privaten Kreis gegangen, das „niemals öffentlich ausstrahlen sollte“. Er habe bloß eine Gelegenheit genutzt, Sellner einmal persönlich kennenzulernen. „Ich bin ja auch Wissenschaftler, man weiß ja immer mehr, wenn man die Vertreter bestimmter Positionen mal persönlich kennengelernt hat“, so Vosgerau weiter.

Der Jurist warf „Correctiv“ vor, das Potsdamer Treffen sei „mit nachgerade kriminellen Methoden dann ausspioniert, möglicherweise sogar abgehört worden“. Der Wissenschaftler, der auch mal an der Universität Köln gelehrt hat, fühlt sich offenbar als Opfer einer Kampagne: „Bei Correctiv handelt es sich ohne Zweifel nicht um echte Journalisten, die also unparteiisch recherchieren wollen und wahrheitsgemäße Auskünfte herausfinden wollen, sondern das sind politische Aktivisten mit einer bestimmten Agenda.“