Paris. Frankreichs Präsident stellt ein Reformpaket der „zivilen Aufrüstung“ vor – und schreckt auch vor unpopulären Maßnahmen nicht zurück.
Aktion, Wagemut, Resultate – mehrfach warf Emmanuel Macron am Dienstagabend diesen Slogan in die Runde, unter den er die Regierungsarbeit der kommenden Monate gestellt sehen will. Zwei Stunden lang, in einer zur besten Sendezeit von vier TV-Kanälen live aus dem Elysée-Palast übertragenen Pressekonferenz, hat der französische Präsident deutlich gemacht, dass sein Reformeifer keineswegs nachgelassen hat. Und da er auch wiederholt von einer „Wiederbewaffnung“ oder einer „zivilen Aufrüstung“ sprach, mutete sein Auftritt streckenweise nahezu martialisch an.
Keine Frage, Macron sucht die Offensive nach einem Jahr, in der das schwierige Durchpauken einer umstrittenen Rentenreform oder die nicht minder schwierige Verabschiedung eines neuen Einwanderungsgesetzes Zweifel an der Handlungsfähigkeit des seit dem Sommer 2022 seiner absoluten Parlamentsmehrheit entblößten Staatsoberhaupts aufkommen ließen. Aber der Franzose, der 2027 nicht ein drittes Mal für die Präsidentschaft kandidieren kann, hat nicht vor, sich frühzeitig als „lame duck“ (lahme Ente) abstempeln zu lassen.
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Macron will illegale Einwanderung stärker bekämpfen
Mit der Ernennung des jungen und populären Gabriel Attal zum Regierungschef und einem auf 14 Minister verschlankten „Kampfkabinett“ setzte Macron ein erstes Ausrufezeichen. Nun machte er deutlich, an welche Fronten er die neue Mannschaft zu werfen gedenkt. Da „die Welt von gestern“ dabei sei, sich aufzulösen, gelte es in den kommenden Monaten eine neue Sicherheitsordnung für die kommenden Generationen zu zimmern. Das fängt ihm zufolge an den Schulen an, wo nach einer Versuchsphase an 100 Etablissements ab 2026 landesweit wieder Uniformen eingeführt werden könnten, die Nationalhymne zu singen sei und die Bürgerkunde aufgewertet wird. Zudem soll die die Nutzung von Smartphones und Laptops an den Schulen eingeschränkt oder gar verboten werden.
Weitere Initiativen, die für mehr Ordnung und ein Erstarken des Landes stehen, sind die Intensivierung des Kampfes gegen Drogenbanden und die illegale Einwanderung sowie eine „demografische Wiederbewaffnung“. Unter letzterer versteht Macron Maßnahmen wie einen Nationalplan gegen die zunehmende Unfruchtbarkeit sowie eine auf sechs Monate verkürzte, aber besser bezahlte Elternzeit, um den Trend sinkender Geburtenrate umzukehren.
Frankreichs Präsident verspricht Ukraine weitere Bewaffnung
Macrons zivile Aufrüstung der Gesellschaft geht einher mit einer Aufstockung der militärischen Hilfe für die Ukraine. Russlands Invasion seines Nachbarlandes bezeichnete der Präsident als „zweifellos größte Bedrohung Frankreichs“. Er kündigte nicht nur die Lieferung von 40 weiteren Marschflugkörpern des Typ Scalp, von Munition, Hunderten Bomben sowie von Caesar-Kanonen an, sondern auch ein bilaterales Sicherheitsabkommen, zu dessen Unterzeichnung er im Februar nach Kiew reisen werde.
Bezeichnenderweise lässt sich fast das gesamte, von Macron vorgestellte Reformpaket per Dekret auf den Weg bringen. Er wolle „rasche Resultate“, betonte der Präsident. Im Klartext heißt das, dass durchregiert werden soll – und zwar weitestgehend unter Umgehung des Parlaments. Lange Schlachten um Gesetzesvorhaben und das komplizierte Ringen um Mehrheiten werden Premier Attal damit erspart. Oder auf offenbar als weniger wichtig eingestufte Nebenschauplätze verlegt wie die Verankerung des Rechts auf Abtreibung in der Verfassung und ein neues Sterbehilfegesetz. „Ich will und ich kann noch“, lautet Macrons unausgesprochene, aber unmissverständliche Ansage