Berlin. Ein erheblicher Teil der liberalen Basis fremdelt mit dem Berliner Regierungsbündnis. Das kann sich FDP-Chef Lindner zunutze machen.
Die Beschäftigung mit sich selbst ist eine Übung, der sich insbesondere linke Parteien seit jeher mit großer Hingabe widmen. Bürgerliche Parteien sind da deutlich entspannter. Bei ihnen ist meistens klar, was sie wollen und wer das Sagen hat.
So gesehen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Freien Demokraten nach dem Wirbel um die jüngste Mitgliederbefragung wieder rasch zur Tagesordnung übergehen werden. In der Befragung sprach sich bekanntlich eine knappe Mehrheit der Teilnehmer dafür aus, die Ampelkoalition mit SPD und Grünen fortzusetzen. Beim anstehenden Dreikönigstreffen am Wochenende in Stuttgart dürfte dies noch einmal ein größeres Thema werden. Anschließend geht es weiter im Regierungsbetrieb.
FDP: Neuwahlen könnten das Ende einläuten
Die FDP-Führungsebene um Parteichef Christian Lindner hat immer klar gemacht, dass sie die Todessehnsucht eines Teils der Mitglieder nicht teilt. Käme es in der gegenwärtigen Situation zu Neuwahlen, wäre dies mit Sicherheit das Ende der FDP als Regierungspartei und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch als Fraktion im Deutschen Bundestag. Wen das nicht stört, der sollte mal bei den Liberalen in den Ländern nachfragen. Die können erzählen, was es bedeutet, aus dem Parlament zu fliegen.
Womöglich hilft es Lindner und seinen Leuten sogar, dass sich ein substanzieller Teil der Liberalen in der Ampel unwohl fühlt: SPD und Grüne könnten sich nun gezwungen sehen, pfleglicher mit der FDP umgehen, als sie das ohnehin schon tun. Bereits jetzt boxt der kleinste Koalitionspartner im Bündnis weit oberhalb seiner Gewichtsklasse. In Zukunft wird er das erst recht tun. Die Partner mögen das nicht, können es aber auch nicht ändern.