Köln/Ruhrgebiet. Nach dem Terroralarm am Kölner Dom bleiben zwei von fünf Verdächtigen in Gewahrsam. Männer aus Duisburg, Bochum und Herne wieder frei.
Von den insgesamt fünf in Gewahrsam genommenen Männern im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Anschlagsplänen auf den Kölner Dom sind drei wieder auf freiem Fuß. Die beiden anderen seien auf richterliche Anordnung im Langzeitgewahrsam, teilte die Kölner Polizei mit. Demnach handelt es sich um einen 25-jährigen Tadschiken, der am Heiligabend in Wesel festgenommen worden war, und um einen 30-Jährigen, ebenfalls aus Tadschikistan, der am Silvestertag in Nörvenich (Kreis Düren) festgesetzt worden war. Die Verdächtigen aus Duisburg, Herne und ein 41-jähriger Deutschtürke aus Bochum, ebenfalls seit Silvester in Gewahrsam, sind wieder frei. Die Ermittlungen der Polizei aber gehen weiter, man ermittle „mit Hochdruck“, erklärte ein Sprecher in Köln.
Für die für Mittwoch geplante Messe der Karnevalsgesellschaften trifft die Polizei nach den Terrordrohungen gegen den Dom besondere Sicherheitsvorkehrungen. So ist mit den Vertretern der teilnehmenden Vereine vereinbart, dass die zu Uniformen traditionell getragenen Säbel nicht mitgeführt werden. Zudem sollen die Fahnen lediglich innerhalb der Kathedrale geschwenkt werden.
Es soll weiter Sicherheitskontrollen am Kölner Dom geben
Darüber hinaus bleiben die Regelungen für Führungen und Besuche vorerst bestehen. Das heißt, dass der Dom zwar zu Veranstaltungen geöffnet wird, ansonsten aber geschlossen bleibt. Besucher müssen sich umfangreichen Sicherheitsprüfungen unterziehen. Zwar hat die Polizei die Maßnahmen inzwischen reduziert, zeigt aber weiterhin im Domumfeld Präsenz.
„Es ist ein Bild, das sich niemand von uns wünscht“, sagt Martin Lotz, Leiter der Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz der Kölner Polizei, „wenn Einsatzkräfte Besucher christlicher Messen durchsuchen.“ Man hoffe, „dass wir möglichst bald wieder in eine gewisse Normalität zurückkehren können“. Man werde die Sicherheitsvorkehrungen, aufrecht erhalten, so lange sie erforderlich seien. „Eine Vorhersage des Zeitpunkts“, so Lotz, „ist aktuell nicht möglich.“
Anschlagspläne für Weihnachten oder Silvester
Hintergrund der Maßnahmen ist, dass die Polizei kurz vor Weihnachten Hinweise auf einen geplanten islamistischen Terroranschlag auf den Kölner Dom erhalten hatte. Die Sicherheitsvorkehrungen an der Kathedrale waren daraufhin massiv erhöht worden, Gottesdienstbesucher wurden kontrolliert. Ein Anschlag habe mit einem Auto verübt werden sollen, sagte der Kölner Polizeipräsident Johannes Hermanns am Montag.
Nach ersten Angaben wurde bei den Durchsuchungen allerdings nichts gefunden, was „auf einen unmittelbaren“ Anschlag hindeutete. Nach Angaben von Einsatzleiter Frank Wißbaum wurde in den Stunden vor dem Jahreswechsel auch die Tiefgarage unter dem Dom durchsucht – dabei sei aber nichts gefunden worden. Auch in der anschließenden Silvesternacht war ein Großaufgebot der Polizei im Einsatz. Sie verlief aber ohne Zwischenfälle.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zelebrierte mit Gläubigen unter massivem Polizeischutz eine Messe zum Jahresabschluss. Die Gottesdienstteilnehmer mussten zunächst durch eine Sicherheitsschleuse in Zelten, die vor dem Hauptportal aufgestellt waren. Große Taschen oder Laptops durften nicht mit in den Dom genommen werden.
Polizeipräsident: Anschlag habe mit dem Auto verübt werden sollen
Der 25-Jährige Tadschike war bereits an Heiligabend in Wesel gefasst worden. Er bleibt „zur Gefahrenabwehr“ bis zum 7. Januar in Gewahrsam, ebenso wie der Nörvenicher. Der war an Silvester zusammen mit drei weiteren Männern aus dem Ruhrgebiet gefasst worden. Wo der Zugriff in Bochum erfolgte, sagt die Kölner Polizei nicht, auch was hinter „mehreren durchsuchten Objekten“ in Hernesteht, bleibt offen.
Näheres zu den Verdächtigen teilt die Polizei nicht mit. Man sei dabei, „die Erkenntnisse auszuwerten“, sagte ein Polizeisprecher dieser Zeitung. Es habe sich herausgestellt, dass der 30 Jahre alte Tadschike Teil eines größeren Netzwerkes sei, das sich auch auf andere Bundesländer und andere europäische Staaten erstrecke, so die Polizei. Sie sprach von einem „Geflecht von Menschen aus Zentralasien“. Dahinter steckt möglicherweise die Terror-Miliz „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK).
Wie nach einem Bericht des „Kölner Stadtanzeiger“ auch die Westfalenpost berichtet, soll einer der Anführer der Turkmene Ata A. aus Ennepetal gewesen sein. Der war allerdings im Sommer, in der Nacht auf den 7. Juli 2023 im Zuge einer landesweiten Razzia verhaftet worden.
Rechtslage: Gewahrsam für Gefährder
Die Höchstzeit für den polizeilichen Gewahrsam liegt im aktuellen Polizeigesetz bei 14 Tagen - mit einer einmaligen Verlängerungsmöglichkeit um maximal weitere 14 Tage. Über die Anordnung des Gewahrsams entscheidet ein unabhängiger Richter. Vor der letzten Reform durften terroristische Gefährder in Nordrhein-Westfalen höchstens bis zum Ende des nächsten Tages festgehalten werden. Mit deutlich geringeren Maximalzeiten ist der Polizeigewahrsam in Extremfällen jetzt auch auf Pädophile (maximal 7 Tage), gewalttätige Partner (maximal 10 Tage), Fußball-Hooligans (maximal 7 Tage) und Identitätsverweigerer (maximal 7 Tage) anwendbar. Auch in diesen Fällen hat immer ein Richter das letzte Wort. (Quelle: NRW-Innenministerium)