Berlin. Innenministerin Nancy Faeser will rasch ein schärferes Waffenrecht durchsetzen. Auch, um Polizisten und Rettungskräfte zu schützen.
Silvester 2022, ein Mann läuft über den Moritzplatz in Berlin, schießt mit einer Schreckschusspistole um sich. Es ist eine Szene einer turbulenten Nacht, in der es an mehreren Orten zu Auseinandersetzungen zwischen Randalierern und der Polizei gekommen war. Einsatzkräfte wurden dabei auch gezielt mit Böllern beworfen.
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Vor dieser Silvesternacht läuft nun eine Debatte, wie die Politik dieser Gewalt begegnen kann. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) pocht auf ein schärferes Waffenrecht. „Der Erwerb und der Besitz von Schreckschusswaffen muss stärker kontrolliert werden“, sagte Faeser unserer Redaktion. „Wir wollen, dass anders als heute schon für den Erwerb ein Waffenschein nötig ist und damit auch geprüft wird, ob Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden vorliegen.“ Auch eine „Sachkundeprüfung“ des potenziellen Waffenbesitzers ist laut Innenministerium vorgesehen. „Wir haben schon erlebt, wie mit Schreckschusswaffen Polizisten und Rettungskräfte bedroht wurden.“ Die SPD-Politikerin nimmt hierbei auch Bezug zur vergangenen Silvesternacht.
Zudem will Faeser mit Blick auf die Ausschreitungen in jener Nacht Täter mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bestrafen, wenn sie Polizisten und Rettungskräfte „in gefährliche Hinterhalte locken“. Die Innenministerin hob hervor: „Auch hier gilt: Wir müssen ein klares Stopp-Zeichen setzen.“ Deutschland brauche „deutliche Zeichen des Gesetzgebers, dass wir Bedrohungen, Hinterhalte und Gewalt gegen unsere Einsatzkräfte konsequenter verfolgen“, so Faeser.
Fehlender Informationsfluss ist Achillesferse deutscher Sicherheitsarchitektur
Bereits im Januar, wenige Tage nach den Ausschreitungen in Berlin und einzelnen anderen Großstädten Deutschlands, hatte Faeser diese Vorstöße geäußert und ein schärferes Waffenrecht gefordert. Ein umfassender Entwurf für ein neues Gesetz aus ihrem Haus liegt seit einem Jahr vor. Waffenbehörden und Verfassungsschutz und Polizei sollen enger zusammenarbeiten und so verhindern, dass Extremisten legal an Waffen kommen. Gerade der fehlende Informationsfluss zwischen den Ämtern gilt als die Achillesferse deutscher Sicherheitsarchitektur.
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Die Reform sieht zudem eine „allgemeine Pflicht zur Vorlage eines ärztlichen oder psychologischen Zeugnisses“ vor, wenn ein Mensch erstmalig eine Erlaubnis für eine Schusswaffe erwirbt. Bisher gilt das nur, wenn ein Antragsteller unter 25 Jahre alt ist oder die Behörde Zweifel an der persönlichen Eignung der Person hat.
Doch bisher ist die Reform nicht beschlossen. Die Ampelkoalition kommt zu keiner Einigung. Vor allem der Koalitionspartner FDP ist skeptisch, ob verschärfte Gesetze gegen Waffenbesitzer helfen und etwa Eskalationen auf der Straße wie an Silvester verhindern können. Die Liberalen sehen das Problem woanders: Die Behörden haben ausreichend rechtliche Handhabe gegen Missbrauch – aber zu wenig Personal, um die Kontrollen auch umzusetzen.
Fachleute sehen ein Problem in den illegal beschafften Pistolen und Gewehren durch Kriminelle, da würde auch ein schärferes Waffenrecht wenig helfen. Zudem zeigt die Forschung, dass schärfere Gesetze selten abschreckend auf ebendiese Gewalttäter wirken und die Ausschreitungen meist aus der Situation auf der Straße heraus erwachsen.