Düsseldorf. NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sagt, was die Einigung im Ampel-Haushaltsstreit für Bürger, Firmen und Energiewende bedeutet.
Mona Neubaur musste am Mittwoch Höchstleistungen im Multitasking vollbringen. Die grüne Vize-Ministerpräsidentin war über Stunden während der Generaldebatte zum NRW-Haushalt zur Anwesenheit auf der Regierungsbank des Landtags vergattert. Doch ihre Gedanken dürften vor allem um die Einigung im Ampel-Streit auf Bundesebene gekreist sein. Denn die hat Folgen für den Wirtschafts- und Energiestandort NRW.
Frau Ministerin, hat Robert Habeck Sie heute Früh mit der Ampel-Einigung im Haushaltsstreit aus dem Bett geholt?
Da ich Frühaufsteherin bin, hat mich die Meldung nicht geweckt, aber erleichtert. Es sind grundsätzlich gute Nachrichten, dass sich Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner nach langen und intensiven Wochen geeinigt und so gezeigt haben, dass die Ampel handlungsfähig bleibt. Mein Austausch mit Robert Habeck ist eng und kontinuierlich, wir arbeiten für dieselbe Sache. Wir wollen, dass die Transformation in diesem Land gelingt, wir wollen, dass Deutschland wettbewerbsfähig bleibt, dass Arbeitsplätze gesichert werden und wir wollen vor allem Sicherheit für die Menschen in NRW und im ganzen Land.
Wie sehr schmerzen Sie die geplanten Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds?
Der Klima- und Transformationsfonds bleibt aktuell das zentrale Instrument, um Zukunftsinvestitionen zu unterstützen, die dieses Land so dringend braucht. Und natürlich hätte ich mir gewünscht, dass man gerade hier nicht kürzen muss. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war aber ja klar, dass Lücken entstehen. Entscheidend ist für mich, dass alle zentralen Programme konsequent fortgesetzt werden können. Das gilt insbesondere auch für die Projekte in Nordrhein-Westfalen, die sich um Investitionen sorgen mussten. Mit der heutigen Zusage aus dem Bund, dass die zentralen Projekte des KTF weiterverfolgt werden, gibt es jetzt auch für sie wieder Hoffnung. Deshalb werden Sie jetzt kein Gejammer von mir hören.
Halten Sie trotz der gekappten Solarförderung an Ihren ehrgeizigen Ausbauplänen in NRW fest?
Auf jeden Fall – auch weil wir schon auf einem sehr, sehr guten Weg sind. Wir rechnen in diesem Jahr mit einem bundesweiten Zuwachs von 13 Gigawatt, knapp zwei Gigawatt steuern wir aus Nordrhein-Westfalen bei. Der Solar-Boom ist längst Realität, das allermeiste kommt dabei ganz ohne zusätzliche Förderung aus, deshalb halte ich das für verschmerzbar. Ich sehe keinen Grund dafür, unsere Ziele zurückzuschrauben.
Welche Folgen erwarten Sie durch die Anhebung der Co2-Abgabe - verteuert das eher Heizen und Autofahren oder ist es ein Problem für die NRW-Industrie?
Die Ampel geht damit auf das zurück, was die Große Koalition bereits beschlossen hatte. Ich will nicht verhehlen, dass darin eine Herausforderung für Industrie, Wirtschaft, aber auch Bürgerinnen und Bürger liegt. Die Entlastungen, die mit dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollen, haben aber aller Voraussicht nach Bestand. Die EEG-Umlage bleibt abgeschafft, was Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft direkt beim Strompreis entlasten wird. Die Unterstützung beim Heizungstausch soll kommen, wie mit dem Heizungsgesetz versprochen. Das Strompreispaket für produzierenden Unternehmen ebenfalls – also die Strompreiskompensation und die Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe.
Sollte die Union die Hand reichen, um 2024 eine nochmalige Ausnahme von der Schuldenbremse für die Ahrtal-Hilfe rechtssicher hinzubekommen?
Die Flutkatastrophe hat sich gerade hier in Nordrhein-Westfalen ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Verzweiflung, die Zerstörung, das Leid und die Vernichtung ganzer Existenzen, all das bewegt mich bis heute. Was wir im Sommer 2021 erlebt haben, war eine der gravierendsten Naturkatastrophen, die unser Land jemals erlebt hat. Es war doch vollkommen klar, dass die Beseitigung der Folgen dauern wird. Die Politik hat damals zugesagt, die Menschen vor Ort nicht allein zu lassen. Auf dieses Versprechen müssen sie sich verlassen können. Es wäre für mich komplett unverständlich, sollte sich die Union im Bund jetzt hier aus der Verantwortung stehlen.
Sehen Sie eine Chance, dass NRW dem Wachstumschancengesetz von Christian Lindner doch noch zustimmt?
Mit der Einigung beim Bundeshaushalt haben wir auf jeden Fall eine veränderte Lage. Wir werden das innerhalb der Koalition klären.
Was macht der Haushaltsstreit auf Bundesebene atmosphärisch mit Schwarz-Grün in NRW?
Ich verrate bestimmt nicht zu viel, wenn ich sage, dass wir in der Koalition in den letzten Wochen gemeinsam etwas angestrengt nach Berlin geschaut haben. Das hat uns aber nicht davon abgehalten, trotz der Herausforderungen in aller Kollegialität unseren Landeshaushalt für das kommende Jahr aufzustellen. Das Theater in Berlin überzeugt uns eher, unseren konstruktiven Regierungsstil weiter zu pflegen.
Wie finden Sie eigentlich das neue CDU-Grundsatzprogramm mit konservativen Evergreens wie Leitkultur, Kernkraft und harter Migrationslinie?
Die fand ich ehrlich gesagt schon vor 30 Jahren einigermaßen fad. Ich bin schon aus Gründen Mitglied bei den Grünen. (lacht)
Sind die Wüst-CDU und die Merz-CDU für Sie zwei Paar Schuhe?
Anders als Friedrich Merz steht Hendrik Wüst in Verantwortung. Das verändert die Perspektive, weil man sich an den Realitäten orientieren muss und nicht an bequemer Oppositionsprogrammatik. Deshalb hinkt der Vergleich ein bisschen, ich würde eher von zwei komplett verschiedenen Kleidungsstücken sprechen.
Wissen Sie schon, was Sie Hendrik Wüst zu Weihnachten schenken?
Wir sind ja beide Team Christkind, ich kann also nichts verraten. Was ich uns beiden aber wünsche, ist eine gute Portion Erholung, Fröhlichkeit und Sonne.