Berlin. Beim Treffen von Joe Biden und Xi Jinping geht es auch um unsere Sicherheit. Eine Eskalation im Streit um Taiwan wäre brandgefährlich.
Die Erwartungen an das Treffen der beiden mächtigsten Männer der Welt sind immens. Auch für Deutschland und Europa geht es um viel bei der Begegnung von US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping in San Francisco. Wenn es gut läuft, werden sie ihre gefährliche Sprachlosigkeit überwinden und so viel Kooperation vereinbaren, dass sich die beiden heißen Großkonflikte in der Ukraine und Nahost mindestens eindämmen, vielleicht auch bald beenden lassen.
Klappt es noch besser, werden Biden und Xi ihren wirtschaftlichen Spannungen mildern, in die zunehmend Europa hineingezogen wird. Läuft es aber schlecht, wird das Treffen weltweit die Sorge vor einem weiteren, einem dritten Krieg befeuern: Eine verschärfte Krise um Taiwan, die nach einem befürchteten chinesischen Invasionsversuch schnell zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen China und den USA werden könnte. Es wäre der ultimative Albtraum für die Weltgemeinschaft, politisch und ökonomisch eine Katastrophe.
Dennoch halten manche Falken im US-Militär den Krieg um Taiwan schon in ein bis zwei Jahren für möglich. Und in Peking wird damit gedroht, China werde 2027 militärisch bereit für eine Invasion der Insel sein, auch wenn eine friedliche Wiedervereinigung mit Taiwan bevorzugt werde. Es droht ein massiver Waffengang: Taiwan wäre militärisch schwer einzunehmen, zumal für die zwar große, aber nicht kampferprobte chinesische Armee – andererseits wäre die Insel auch schwerer zu unterstützen.
Die USA senden widersprüchliche Signale, ob und wie sie Taiwan militärisch verteidigen würden, eine formelle Unabhängigkeitserklärung befürworten sie offiziell nicht. Doch im Ernstfall bliebe wohl kaum eine Wahl: Taiwan preiszugeben, würde die Glaubwürdigkeit amerikanischer Schutzversprechen weltweit irreparabel erschüttern. Auch wenn sich der Krieg auf die Region und auf konventionelle Waffen begrenzen ließe, wären die Opferzahlen hoch. Und die Folgen weltweit wären gravierend, bei einer Eskalation zum nuklearen Krieg verheerend.
Umso beunruhigender sind die Krisenzeichen in der Region. China wehrt sich gegen die amerikanische Präsenz vor der Haustür, immer öfter überfliegen seine Jets provozierend taiwanesisches Territorium, immer öfter kommt es zum Zusammenstoß seiner Marine mit Nachbarn im südchinesischen Meer.
Taiwan-Konflikt: USA und China müssen wieder reden
Die Gefahr wächst, dass der Taiwan-Konflikt auch ungewollt eskaliert. Höchste Zeit, dass beide Seiten zur Vernunft kommen und überhaupt wieder miteinander reden. Sie müssen Dialogkanäle offenhalten, über die im Ernstfall Fehleinschätzungen korrigiert werden können, so wie es die USA einst mit der Sowjetunion verabredeten, nachdem sie in der Kuba-Krise 1963 in den Abgrund des atomaren Weltkriegs geschaut haben. Die Rückkehr zur Diplomatie: Eine solche Verabredung in San Francisco könnte die Basis sein für ein neues Vertrauen, dass beide Seiten den Krieg vermeiden wollen und ihre gegenseitigen roten Linien akzeptieren. Allerdings: Biden und Xi werden auf absehbare Zeit die Taiwan-Frage nicht lösen, sondern nur entschärfen können.
Ziel kann es bestenfalls es sein, den Status quo zu erhalten. Der grundsätzliche Konflikt der beiden Supermächte um die globale Führungsrolle wird die Welt in den nächsten Jahrzehnten prägen. Alles muss dafür getan werden, dass aus dieser Rivalität kein neuer Kalter Krieg und erst recht kein heißer Weltkrieg wird. Beim Spitzentreffen an der US-Westküste geht es auch um unsere Zukunft in Sicherheit.