Washington. Wieder-Annäherung ohne Panda-Diplomatie: Biden und Xi wollen den gerissenen Gesprächsfaden flicken. Trotz vieler Auseinandersetzungen.
87 Jahre liegt er zurück, der allererste „Bärendienst“, den China den Vereinigten Staaten erwies. Su Lin hieß der kleine Panda, der 1936 auf Betreiben der damaligen First Lady Chinas, Madame Chiang Kai-shek, nach beschwerlichem Transport in San Francisco ankam. Und damit das begründete, was später durch Richard Nixons Initiative 1972 in den heimeligen Begriff der Panda-Diplomatie einmündete.
Die als teure Leihgaben exportierten Bambus-Esser symbolisierten trotz aller Meinungsverschiedenheiten das Wohlwollen zwischen Washington und der aufstrebenden Supermacht in Fernost
Wenn am Mittwoch Xi Jinping, der starke Mann Pekings, mit seinem Kollegen Joe Biden am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) irgendwo in der Bucht von San Francisco zum direkten Gedankenaustausch zusammentrifft, werden die schwarz-weißen Sympathiebolzen auf amerikanischer Seite schmerzlich vermisst.
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Der Zoo in Washington DC musste gerade mit Mei Xiang, Tian Tian und Xiao Qi Ji drei von Hunderttausenden Besuchern innig geliebte Exemplare zurück nach China expedieren und ist damit zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert Panda-los.
Dass Xi, der Biden ein Jahr nicht gesehen hat und zuletzt vor sechs Jahren in den USA war, als Gastgeschenk einen neuen Leihvertrag mitbringt, wird in Regierungskreisen in Washington als „eher unwahrscheinlich“ bezeichnet. Zu „angespannt“ seien die Beziehungen zwischen beiden Ländern. Zu groß die „Altlasten“, die abzutragen seien, bevor eine Normalisierung stattfinden könne.
Bidens roter Faden: Die USA wollen keinen Krieg mit China
Genau um die will sich Biden bei seinem achten Kontakt mit Xi seit Amtsantritt 2021 bemühen, rechtzeitig vor der wilden Phase des US-Präsidentschaftswahlkampfs. In diesem ruft die republikanische Seite China zum neuen Allzweck-Feind auf, dem die Handlungsspielräume in der amerikanischen Wirtschaft wie an den Universitäten – Stichwort: Diebstahl geistigen Eigentums – schleunigst eingeengt werden müssten.
Bidens roter Faden: Die USA wollen keinen Krieg mit China. „Also muss man früh miteinander reden, bevor Missverständnisse entstehen können“, sagte gestern ein europäischer Diplomat in Washington. „Darum ist es schon ein Erfolg, dass dieses Treffen überhaupt stattfindet.“
„Die Beziehungen zwischen sollen stabilisiert werden“
Bis Xi Jinping einwilligte, gingen Monate ins Land. Diverse US-Minister bereiteten in Peking den Boden dafür. China wiederum schickte seine Top-Diplomaten zur Sondierung nach Washington. Um sicherzustellen, dass der Staats- und Parteichef am kalifornischen Ufer des Pazifiks Zeichen der Stärke und Welt-Geltung nach Hause senden kann.
Wo genau, das blieb bis kurz vor Beginn geheim. Man fürchtet andernfalls medienwirksame Proteste und die Gefährdung des Ziels: „Die Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Staaten sollen stabilisiert, Missverständnisse ausgeräumt und neue Kommunikationskanäle geöffnet werden“, sagte ein Regierungsbeamter vor Journalisten in Washington.
Die Mängelliste ist lang. Nach dem letzten Treffen beim G20-Gipfel in Bali wurde im Februar dieses Jahres ein vom Kurs abgekommener chinesischer Spionage-Ballon über der Küste South Carolinas von einem US-Kampfjet abgeschossen.
Putin, Israel und Fentanyl
Im Südchinesischen Meer wie im internationalen Luftraum kommt es gehäuft zu Machtdemonstrationen und Beinahe-Kollisionen zwischen Schiffen und Militärflugzeugen beider Länder.
In Russlands Angriffskrieg gegen die hält Peking klar zu Putin, man hilft dem Kreml bei der Lieferung von Waffen-Komponenten und der Umgehung von Wirtschaftssanktionen.
Trotz der Hamas-Gräueltaten in Israel kauft China unvermindert Öl beim Terror-Sponsor und Amerika-Feind Iran. Außerdem duldet es trotz sonst massiver Zensur antisemitische Ausfälle in seinen sozialen Medien.
Für Zwietracht sorgt zudem die auf China zurückgehende Drogentragödie in den USA, wo Zehntausende Jahr für Jahr an Fentanyl sterben. Die US-Regierung will, dass Peking der Ausfuhr der Grundbestandteile für die in mexikanischen Laboren veredelte Hammer-Droge einen Riegel vorschiebt.
Härtester Punkt der Gespräche dürfte das Thema Wirtschaft werden
Militärisch will Joe Biden, so sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan, den herrschenden Irritationen durch die Wiederbelebung des strategischen Dialogs beider Streitkräfte entgegenwirken. Der Draht war von Peking gekappt worden, als die frühere Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die in San Francisco ansässige Demokratin Nancy Pelosi, 2022 das von China beanspruchte Taiwan besucht hatte. Bidens inzwischen mehrfach relativierte Erklärung, die USA würden Taiwan beistehen, falls es von China attackiert würde, schwebt aber immer noch im Raum. Wie auch die Befürchtung eines US-Vier-Sterne-Generals, der einen amerikanisch-chinesischen Militär-Konflikt bereits für das Jahr 2025 prophezeit hatte. In Taiwan wird Anfang des kommenden Jahres gewählt. Washington befürchtet, dass Peking sich einmischen könnte.
Härtester Punkt der Gespräche, so Eingeweihte, dürfte erneut das Thema Wirtschaft werden. Dass Joe Biden die von seinem Vorgänger Donald Trump verhängten Strafzölle gegen chinesische Produkte beibehielt, nimmt man übel in Peking. Noch mehr, dass Amerika China von Schlüssel-Technologien fernhalten und darum weltweit Exportbeschränkungen durchsetzen will. Vor diesem Hintergrund wäre verwunderlich, wenn beide Seiten sich auf ein langfristig eminent wichtiges Projekt einigen könnten, das auch in San Francisco angesprochen wird: den Ausschluss Künstlicher Intelligenz (KI) in militärischen Kampf-Robotern und Drohnen.