Pakistan wirft Afghanen aus dem Land, die dort teils schon seit Jahrzehnten leben - eine Tragödie, bei der die Welt nicht wegschauen darf.

Wenn es für Regierungen schlecht läuft, suchen sie sich Sündenböcke. Die pakistanische Regierung unter Premierminister Shehbaz Sharif, die sich seit Monaten einen heftigen Machtkampf mit der Opposition unter Führung des früheren Kricket-Stars Imran Khan liefert und wegen der schwierigen Wirtschaftslage innenpolitisch unter Druck steht, will nun das Schicksal von 1,7 Millionen afghanischen Menschen zum Blitzableiter des Volkszorns machen.

Die Afghanen leben teils seit Jahrzehnten als Flüchtlinge in Pakistan, jetzt werden sie mit menschenverachtenden Methoden rabiat aus dem Land vertrieben. Hunderttausende sind bereits nach Afghanistan zurückgekehrt, einem Land, in dem sie wenig Perspektiven haben, und das selbst unter einer katastrophalen Wirtschaftslage, den Auswirkungen des Klimawandels und den Folgen einer Reihe von Naturkatastrophen leidet.

Die westliche Welt hat Afghanistan nach dem Abzug ihrer Truppen und der erneuten Machtübernahme der Taliban vor etwas mehr als zwei Jahren vergessen. Es ist, als wolle man nicht an das epochale Scheitern am Hindukusch erinnert werden. Aber die Menschen in Afghanistan sind dringend auf Hilfe angewiesen, auch aus Deutschland. Die sogenannte „feministische Außenpolitik“, die der Bundesregierung als Begründung dafür dient, die Hilfe für das Land auf ein Minimum zu reduzieren, schadet nicht den Taliban. Sie schadet Jungen und Männern genauso wie Mädchen und Frauen. Frauenrechte nützen Frauen wenig, wenn sie verhungern. Angesichts der neuen Katastrophe, die über Afghanistan hereinbricht, braucht es dringend eine Korrektur dieser so heuchlerischen wie fehlgeleiteten Politik. Am Ende geht es nicht nur um Moral oder humanitäre Ansprüche. Werden die Menschen in Afghanistan allein gelassen, werden viele ihr Land Richtung Europa verlassen.

Allein das sollte in Zeiten, in denen auch die Bundesregierung Flüchtlinge zu Sündenböcken für ihr eigenes Versagen macht, Anlass für entschlossenes Handeln sein.