Berlin. Links und national? Im Nachbarland geht das zusammen, und hierzulande offenkundig auch. Das hiesige Parteiensystem franst weiter aus.
Eine Woche ist es her, dass die Ex-Linke Sahra Wagenknecht ihren neuen, auf sie selbst zugeschnittenen Verein „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit“ präsentierte. Aus ihm soll schon bald eine neue Partei entstehen. Die etablierten Parteien müssen sich warm anziehen – und zwar nicht nur die von ganz links und ganz rechts, sondern auch die der Mitte: Laut einer aktuellen Umfrage würde es Wagenknechts Bündnis auf 14 Prozent der Stimmen bringen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre und es dabei anträte.
Schon jetzt lässt sich sagen, dass Wagenknechts Bündnis zumindest eine politische Marktlücke in Deutschland ausfindig gemacht hat: Es ist links und national zugleich. Eine starke Betonung des Sozialen, gegen Großkonzerne und Globalisierung, gegen die USA, Sympathien für Russland, eine gehörige Portion Europa-Skepsis und ein Sound des „Deutschland zuerst“: Diese Mischung war hierzulande bisher unbekannt. Im Nachbarland Frankreich aber gibt es das schon seit geraumer Zeit. Dort bringt die „France insoumise“ (Unbeugsames Frankreich) von Jean-Luc Mélenchon zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört.
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Wagenknecht-Bündnis: Der entscheidende Schritt steht noch aus
Ob es Wagenknecht tatsächlich gelingt, auf Dauer eine neue politische Kraft zu etablieren, wird man freilich abwarten müssen. Fans und Mitstreiter hat sie genug. Der Beweis dafür, dass sie auch organisieren und einbinden kann, steht aber noch aus. Schafft es Wagenknecht, im kommenden Jahr bei der Europawahl und den anstehenden drei Landtagswahlen in Ostdeutschland anzutreten, könnte das deutsche Parteienspektrum noch weiter ausfransen. Mit der Folge, dass es vielerorts noch komplizierter werden dürfte, stabile Mehrheiten zu bilden. Beruhigend ist das nicht.