Berlin. Die Linke vor der Zerreißprobe: Die Führung will alle Mitglieder ausschließen, die zur Wagenknecht-Partei gehen. Politik-News im Blog.
- Deutschlandtag der Jungen Union: Von der Leyen fordert schärferes Vorgehen gegen Schleuser und Schlepper
- Linke will gegen Wagenknecht-Überläufer vorgehen
- Lauterbach plant Erleichterungen beim Kinderkrankengeld – Kinderärzte würden weiter gehen
- Angesichts einer möglichen Wagenknecht-Partei bereitet sich die Linksfraktion auf ihre Auflösung vor
- 27 Prozent laut Umfrage offen für Wahl von Wagenknecht-Partei
Die Gründung einer Sahra-Wagenknecht-Partei steht unmittelbar bevor. Wenn die Linken-Politikerin am Montag ihre neue politische Heimat vorstellt, dann will der Linken-Vorstand umgehend den Trennungsstrich ziehen. Wer zu Wagenknecht überläuft, soll ausgeschlossen werden. Der Plan: Maximaler politischer Druck auf Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter. Eine Zerreißprobe.
Im Newsblog halten wir Sie über die wichtigsten Entwicklungen auf dem Laufenden.
Politik-News vom 22. Oktober: Deutschlandtag der Jungen Union: Von der Leyen fordert schärferes Vorgehen gegen Schleuser und Schlepper
20.10 Uhr: Im Umgang mit irregulärer Migration hat die CDU-Politikerin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein schärferes Vorgehen gegen Schleuser gefordert. „Wir in Europa müssen diejenigen sein, die entscheiden, wer zu uns in die Europäische Union kommt und unter welchen Umständen und nicht die Schleuser und Schlepper, deshalb müssen wir sie bekämpfen“, sagte sie am Sonntag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Braunschweig.
Man müsse Außengrenzen besser schützen und Geflüchtete in der EU gerechter verteilen, forderte von der Leyen. Im vergangenen Jahr seien 3,7 Millionen Menschen – ohne Ukrainerinnen und Ukrainer – regulär nach Europa gekommen. „Das läuft völlig geräuschlos, das ist die reguläre Migration, die wir brauchen, wir brauchen mehr davon.“
Es gebe auch Menschen, die über Schleuser und Schlepper kämen, sagte von der Leyen. „Und hierum geht es, Schleuser und Schlepper machen ein Milliardengeschäft, das ist organisierte Kriminalität. Sie belügen die Menschen, sie machen ihnen was vor, sie rauben sie aus, sie nehmen ihnen den letzten Cent. Sie setzen sie auf diese seeuntüchtigen Schlauchboote.“
Man müsse diejenigen konsequent abschieben, die keinen Anspruch auf Asyl hätten, betonte von der Leyen. Im vergangenen Jahr gab es ihr zufolge 420 000 Ausreisebescheide in der EU, in 80 Prozent der Fälle hielten sich die Ausreisepflichtigen weiter in der EU auf. „Das können wir nicht weiter so tolerieren.“ Auch den Kommunen könne man das nicht weiter zumuten, sagte sie.
Lesen Sie die Analyse zum Deutschlandtag bei der Braunschweiger Zeitung: Merz weint, Söder feixt: Fünf Erkenntnisse vom JU-Deutschlandtag
Linke plant wohl Ausschluss von Wagenknecht-Unterstützern
16.50 Uhr: Der Linken-Vorstand will gegen alle Beteiligten des Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“ ein Parteiausschlussverfahren einleiten. Das geht laut ARD aus einem Beschlusspapier vor. Wagenknecht will am Montag in Berlin ihren Verein BSW („Bündnis Sahra Wagenknecht“) vorstellen.
In dem Fünf-Punkte-Plan heißt es auch, dass gemeinsam mit den zuständigen Gliederungen geprüft werden soll, wie die Mitgliedsrechte entzogen werden können. Außerdem fordert der Parteivorstand alle Abgeordneten auf, die sich an dem Wagenknecht-Verein beteiligen, „ihre durch die Linke errungenen Mandate niederzulegen.“ Das sei ein Gebot des Anstandes.
Das Papier soll am Montag vom Geschäftsführenden Parteivorstand beschlossen werden. Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan wollen offenbar versuchen, den Druck auf Wagenknecht und ihre Anhänger zu erhöhen. So wird in dem Papier die Gründung des Wagenknecht-Vereins als „klare(r) Schritt zum Aufbau einer konkurrierenden Partei“ bezeichnet. „Dieses Vorgehen ist ein offener Angriff auf unsere Partei, auf die einzige im Parlament vertretene linke Partei in diesem Land.“ Sahra Wagenknecht will am Montag in einer Pressekonferenz Details zu der Vereinsgründung bekannt geben.
Lesen Sie auch: Parteigründung: Wer hat Angst vor Sahra Wagenknecht?
Kinderkrankentage: Ärzte für völlige Befreiung von der Attestpflicht
14.59 Uhr: Den deutschen Kinderärzten gehen die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigten Erleichterungen bei den Kinderkrankentagen nicht weit genug. Sein Plan, die Nachweispflicht gegenüber dem Arbeitgeber erst ab dem vierten Krankheitstag festzuschreiben, sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Die Kinder- und Jugendärzte forderten aber eine komplette Befreiung von solchen Attestierungspflichten, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) unserer Redaktion. Die jeweilige Begründung der Eltern für die Inanspruchnahme der Kinderkrankentage sei für die Ärzte „oftmals schlichtweg nicht überprüfbar“.
Gesundheitsminister Lauterbach hatte am Sonntag Erleichterungen für Eltern beim Kinderkrankengeld angekündigt. Eltern können sich für erkrankte Kinder im Alter von bis zu zwölf Jahren von der Arbeit freistellen lassen.
Fischbach begrüßte gleichzeitig die Erhöhung der Zahl der Kinderkrankentag auf 15 pro Elternteil und Jahr. Der Bundestag hatte am Donnerstag die Erhöhung beschlossen. Nach Ablauf von Sonderregelungen in der Corona-Pandemie wären es ab 2024 eigentlich wieder zehn Kinderkrankentage pro Jahr und Elternteil gewesen.
Jugend von Grünen und SPD gegen Migrationswende
14.21 Uhr: Die Jugendorganisationen von SPD und Grünen laufen Sturm gegen die Politik der Ampel-Koalition, insbesondere gegen den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik. Scholz will mehr abschieben.
Seine Worte machten „fassungslos“, sagte Mats Rudolph, Chef des Leipziger SPD-Jugendverbandes. Die Vize-Bundesvorsitzende der AG Migration und Vielfalt, Irena Rudolph-Kokot, warf Scholz indirekt vor, „die Erzählung von AfD und Co.“ zu übernehmen.
Beim Bundeskongress der Grünen Jugend bekannte die scheidende Vorsitzende Sarah Lee Heinrich, „meine Solidarität mit der Ampel ist am Ende“. Die neue Doppelspitze, Svenja Appuhn und Katharina Stolla, distanzierte sich ebenfalls von der Migrationswende. Stolla sprach von einer „menschenfeindlichen Abschottungspolitik“. Die Grünen sollten „endlich die Entrechtung von Geflüchteten“ stoppen und sich „diesem Rechtsruck engegenstellen“, so Stolla. Dass die Grünen dem von der Regierung beschlossenen Migrationspaket zugestimmt haben, sei „nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch strategisch falsch“..
Linke bereitet Auflösung der Fraktion im Bundestag vor
08.30 Uhr: Angesichts der Pläne von Sahra Wagenknecht zur Gründung einer eigenen Partei bereitet sich die Linksfraktion im Bundestag auf ihre Abwicklung vor. Fraktionschef Dietmar Bartsch rechnet damit, dass die Linke durch die Abspaltung den Fraktionsstatus verlieren werde: Dadurch seien die Jobs von mehr als hundert Fraktionsmitarbeitern in Gefahr, sagte Bartsch dem „Tagesspiegel“.
Wagenknecht will am Montag in Berlin ihren Verein BSW („Bündnis Sahra Wagenknecht“) vorstellen. Mit von der Partie sind laut Ankündigung die bisherige Fraktionschefin Amira Mohamed Ali und der Bundestagsabgeordnete Christian Leye. Aus diesem Verein könnte eine neue Wagenknecht-Partei hervorgehen. Durch die Abspaltung dürfte die Linksfraktion ihren Fraktionsstatus verlieren – und damit Einflussmöglichkeiten und Finanzzuwendungen.
„Ich rechne damit, dass wir den Fraktionsstatus im Januar verlieren werden, wenn die neue Partei real gegründet wird“, sagte Fraktionschef Bartsch dem „Tagesspiegel“. Er verwies darauf, dass 108 Menschen als Fraktionsmitarbeiter angestellt seien. Sie würden ihren Job verlieren, wenn die Linke ihren Fraktionsstatus verliert. Bartsch warf Wagenknecht vor, „lax mit dem Schicksal von mehr als 100 Mitarbeitern“ umzugehen.
Politik-News vom 21. Oktober: 27 Prozent laut Umfrage offen für Wahl von Wagenknecht-Partei
21.53 Uhr: Einer neuen Umfrage zufolge könnten sich 27 Prozent der Menschen in Deutschland vorstellen, eine neue Partei der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht zu wählen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild am Sonntag“. 55 Prozent der Befragten gaben an, eine solche Partei nicht wählen zu wollen, 18 Prozent machten keine Angaben.
Bereits Ende September hatte eine YouGov-Umfrage ergeben, dass sich fast jeder Dritte (29 Prozent) im Osten des Landes grundsätzlich vorstellen könnte, eine neue Partei unter Führung Wagenknechts zu wählen. Im Westen waren es 19 Prozent.
Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Auch ist bisher nicht völlig klar, wofür die Partei stehen soll. Wagenknecht hat sich als scharfe Kritikerin der Ukraine-Politik der Bundesregierung und der Energiesanktionen gegen Russland positioniert. Sie ist für den Import von billigem Erdgas und gegen allzu strikte Klimaschutzpolitik. Zudem plädiert sie für eine Begrenzung der Migration. Die Grünen hat sie wiederholt als die gefährlichste Partei bezeichnet.
Die Politikerin will am Montag mit mehreren Mitstreitern in der Bundespressekonferenz das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ präsentieren. Zunächst soll ein Verein dieses Namens offiziell vorgestellt werden. Er gilt als erster Schritt zur Gründung der eigenen Partei. Wagenknecht war über Jahrzehnte einer der profiliertesten Köpfe der Linken. In wichtigen Punkten wie der Migrations- und Klimapolitik hat sie sich aber mit der Parteispitze inhaltlich überworfen. Gegen sie läuft ein Parteiausschlussverfahren.
Mehr zum Thema: Parteigründung – Wer hat Angst vor Wagenknecht?
Politik-News vom 20. Oktober: Bundesrat stimmt zu – Mehr Bürgergeld ab Januar 2024
- Die Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe steigen ab Januar um gut zwölf Prozent. Der Bundesrat stimmte am Freitag in Berlin einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu.
- Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat angesichts des wachsenden Migrationsproblems in Deutschland die schnelle Bildung einer großen Koalition mit der Union als Juniorpartner gefordert. „Es braucht eine neue Regierung“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Freitag in Berlin. „Jetzt das Notwendige zu tun, heißt FDP und Grüne zu entlassen, eine neue Regierung der nationalen Vernunft zu bilden.“
- Die Lkw-Maut auf Bundesstraßen und Autobahnen soll künftig den Schadstoffausstoß stärker berücksichtigen und zusätzliche Milliarden auch für Investitionen in die Schiene einbringen. Darauf zielen Gesetzespläne von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), die der Bundestag am Freitag beschlossen hat.
Politik-News vom 19. Oktober:
- Nach der politischen Entscheidung für den Mindestlohn von zwölf Euro ist nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz künftig wieder die Mindestlohnkommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern gefragt. Beim Mindestlohn habe die Entwicklung in Deutschland noch kein Ende erreicht.
- Im so genannten Fall Chrupalla sind die Ermittlungen bisher im Sande verlaufen. Oberstaatsanwältin Veronika Grieser teilte am Donnerstag mit, die Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung liefen weiterhin gegen Unbekannt.
- Sahra Wagenknecht (Linke) erstattet nach Spiegel-Informationen Anzeige gegen unbekannt. Der Grund: Unbekannte sollen auf einer falschen Webseite für eine neue Wagenknecht-Partei um Spenden geworben haben.
(fmg/dpa/afp/epd)