Berlin. Innenministerin Nancy Faeser erntet aus der Ampel-Koalition Kritik an ihren Abschiebeplänen. Auch NRW-Minister Reul hat sich zu Wort gemeldet.
Der von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgenommene Vorschlag zur Abschiebung nicht verurteilter Angehöriger krimineller Clans stößt in der Ampel-Koalition auf Widerstand. Für die Grünen kommt eine entsprechende Regelung nicht infrage, wie ihre Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic deutlich machte.
„Dabei ist klar, dass außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen für uns Grüne niemals zur Debatte stehen. Das gilt auch für Maßnahmen, die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln wie Kriminelle“, sagte Mihalic dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Koalition habe vereinbart, die Abschiebepraxis effektiver zu machen, dazu erwarte man konkrete, belastbare Vorschläge, betonte Mihalic.
CDU-Politiker halten Vorstoß für Wahlkampfmanöver
Ein Diskussionspapier des Ministeriums sieht vor, dass eine Ausweisung bereits möglich sein soll, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist. Ein Ministeriumssprecher hatte am Montag erläutert, dass eine Abschiebung entsprechend einer solchen Regelung einen klaren Bezug zu kriminellen Aktivitäten voraussetzt. Eine Familienzugehörigkeit zum Clan allein reiche nicht.
Unionspolitiker stuften die Idee als ein Wahlkampfmanöver der Bundesinnenministerin ein. Nancy Faeser tritt bei der hessischen Landtagswahl am 8. Oktober als SPD-Spitzenkandidatin an. „Das ist nur eine Ankündigung für den Hessen-Wahlkampf. Ich glaube, in konkreter Substanz wird davon wenig übrig bleiben“, sagte der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor dem Fernsehsender Welt. Ähnlich äußerte sich NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). „Würde die Bundesinnenministerin echte Fortschritte erzielen wollen, würde sie ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren in Gang bringen, statt Ideensammlungen auf einer Homepage zu veröffentlichen“, sagte Reul (CDU) der „Bild“.
Rechtsexperten sind skeptisch
Skeptisch reagierten Rechtsexperten auf den Vorstoß der Innenministerin. Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis sagte dem „Tagesspiegel“ (Dienstag): „Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Innenministerium ernsthaft erwogen wird, dass Menschen allein wegen ihrer Mitgliedschaft zu einer Familie ausgewiesen werden.“ Ausweisungen müssten als Eingriff in Grundrechte „immer im Einzelfall gerechtfertigt sein“, sagte Battis.
Der Asylrechtsexperte Daniel Thym von der Universität Konstanz sagte der Zeitung, dass die Vorschläge an eine „Geisterdiskussion“ grenzten. Selbst wenn die Behörden zu dem Schluss kämen, dass ein Grund für eine Ausweisung vorliege, dann stünde den Betroffenen immer noch der Klageweg offen.
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Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt hingegen Pläne einer leichteren Abschiebung von Mitgliedern krimineller Großfamilien. „Wir brauchen mehr Instrumente im Kampf gegen Clan-Strukturen“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für den Bereich Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag). Die Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gingen in die richtige Richtung. (dpa/afp)