Berlin. Gesellschaftsjahr: Der Jugend wird nachgesagt, sie wolle nicht arbeiten. Doch eine Umfrage zeigt: Viele würden es fast umsonst tun.
Fehlende Perspektiven und Vorstellungen, wohin der berufliche Weg führen soll, sind ein großes Problem vieler deutscher Schüler, die in Kürze die Schule verlassen. Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr nach dem Ende der Schullaufbahn soll Abhilfe schaffen. Laut dem aktuellen Malteser Ehrenamtsmonitor, der dieser Redaktion exklusiv vorliegt, stimmt über die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dafür – und auch unter denen, die es direkt betreffen würde, gibt es eine hohe Zustimmung.
Laut der repräsentativen YouGov-Umfrage befürworten 45 Prozent der 18- bis 24-Jährigen ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr. Von den 25- bis 34-jährigen Befragten halten es über 50 Prozent für eine gute Idee. Bei Befragten, die älter als 55 Jahre sind, fiel die Zustimmung noch höher aus. Bis zu 73 Prozent in dieser Altersgruppe sind demzufolge Befürworter des Pflichtdienstes.
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Generell gilt, „je älter die Befragten, desto eindeutiger fällt die Zustimmung zum Gesellschaftsdienst aus“, so die Autoren der Umfrage. Nur 26 Prozent aller Teilnehmer sprachen sich demnach klar gegen das soziale Pflichtjahr aus.
Gesellschaftsjahr wird heiß diskutiert: Kritiker bemängeln Verpflichtung
Das zur Debatte stehende Gesellschaftsjahr wäre für alle Jugendlichen nach der Schullaufbahn verpflichtend und soll 12 Monate dauern. Die Frage nach der Einführung eines sozialen Pflichtjahres wird seit der Abschaffung der Wehrpflicht und des Zivildienstes 2011 immer wieder intensiv debattiert.
Kritiker sehen die freie Entscheidungsgewalt junger Erwachsener bedroht. 38 Prozent der Befragten, die bereits einen Gesellschaftsdienst absolviert haben, haben nach eigenen Angaben keine wertvollen Erfahrungen für ihr zukünftiges Berufsleben sammeln können. Außerdem verstoße die Einführung eines Gesellschaftsjahres gegen die im Grundgesetz verankerte freie Berufswahl und das Verbot der Zwangsarbeit.
Befürworter argumentieren, dass ein obligatorisches soziales Jahr für mehr Zusammenhalt der Gesellschaft sorgen würde. Laut der YouGov-Umfrage stimmen 73 Prozent der Befragten dieser Aussage zu oder eher zu. Knapp die Hälfte der Teilnehmer sind davon überzeugt, dass die Einführung des Gesellschaftsjahres jungen Erwachsenen die berufliche Orientierung erleichtern würde. 78 Prozent der Gesellschaftsdienstleistenden konnten dem Pflichtjahr Vorteile für ihre persönliche Entwicklung abgewinnen.
Welche Alternativen zum Gesellschaftsjahr gibt es?
Seit der Abschaffung des Zivildienstes 2011 leisten arbeitswillige junge Menschen im sozialen Bereich das freiwillige soziale Jahr (FSJ). Die Freiwilligen unterstützen Menschen, die Hilfe benötigen, arbeiten häufig in Behinderteneinrichtungen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder Kindergärten. Das freiwillige soziale Jahr muss zwischen dem 18. und dem 27. Lebensjahr vollendet werden und dauert zwischen sechs und 18 Monate. Etwa 34.000 Frauen und 19.000 Männer nehmen dieses Angebot pro Jahr wahr.
Da das FSJ nicht vergütet wird, erhalten die Teilnehmer allerdings lediglich ein Taschengeld von circa 400 Euro. Andere Leistungen, wie eine Wohnung vom Träger oder die Erstattung der Fahrtkosten, variieren von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle. Träger werden vom Bund für ihre Aufwendungen pro Monat und Teilnehmer bezuschusst, um die Kosten zu decken.
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