Berlin. Die Fluglinie Kuwait Airways verweigert Israelis die Mitnahme. Der Antisemitismusbeauftragte Klein fordert die Ampel zum Handeln auf.

Die Reise sollte nach Bangkok gehen, von Frankfurt aus – mit Transitaufenthalt in Kuwait-City. Der Mann buchte die Tickets im Internet, Hin- und Rückflug. Anbieter des Fluges ist Kuwait Airways. Doch kurz nach der Buchung storniert die Fluglinie das Ticket des Mannes. Der Grund: Der Passagier ist israelischer Staatsbürger.

Seit Jahren gilt dieses Flugverbot für Israelis. Schon 1964 trat das kuwaitische „Einheitsgesetz zum Israel-Boykott“ in Kraft, darauf beruft sich die Airline. Das Gesetz stellt einen Vertragsabschluss mit israelischen Staatsangehörigen unter Strafe. Auch andere Fälle landeten in Deutschland schon vor Gericht.

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Diese Praxis wurde von vielen als diskriminierend und judenfeindlich kritisiert, etwa vom Vizepräsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft oder dem Zentralrat der Juden. Geändert hat die Kritik nichts. Rechtliche Konsequenzen oder Sanktionen gegen die Airline – Fehlanzeige. Das Verbot gilt offenbar weiterhin, zuletzt kümmerte das kaum noch jemanden in der Politik.

Klein: „Nicht hinnehmbar, dass israelische Fluggäste nicht anerkannt werden“

Nun äußert sich der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, mit deutlichen Worten in Richtung Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP: „Es ist nicht hinnehmbar, dass israelische Fluggäste von Fluglinien wie Kuwait Airways nicht anerkannt werden. Das widerspricht dem Diskriminierungsverbot in unserer Rechtsordnung und verstößt auch gegen internationale Standards“, sagte Klein im Interview mit unserer Redaktion.

Antisemitismus auf dem Vormarsch in Deutschland – und der Protest dagegen wächst. Wie hier in Frankfurt: Demonstration gegen ein Konzert von Roger Waters an der Festhalle. Dem Mitgründer von Pink Floyd wird Antisemitismus vorgeworfen.
Antisemitismus auf dem Vormarsch in Deutschland – und der Protest dagegen wächst. Wie hier in Frankfurt: Demonstration gegen ein Konzert von Roger Waters an der Festhalle. Dem Mitgründer von Pink Floyd wird Antisemitismus vorgeworfen. © epd | Peter Jülich

Die Bundesregierung müsse auf die Regierung in Kuwait zugehen und „deutliche Kritik an dieser antisemitischen Praxis an deutschen Flughäfen üben“. Klein hob hervor: „Im äußersten Fall muss die Bundesregierung die Luftverkehrsabkommen noch einmal neu verhandeln, um die Ausgrenzung von Israelis zu stoppen.“

Gesetz schützt vor Ausgrenzung aufgrund der Ethnie oder Religion

Für den Antisemitismus-Beauftragten geht der Fall von Kuwait Airways über das Verbot von einzelnen Reisen von Israelis hinaus. Er sieht insgesamt eine Gefahr durch Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und fordert eine Gesetzesänderung. „Das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Nationalität sollte zudem in das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen werden. Das ist bisher nicht der Fall“, so Klein.

Das gesetzliche Verbot der Ausgrenzung aufgrund der Nationalität würde nicht nur israelischen Fluggästen helfen, sondern etwa auch die Diskriminierung von Menschen türkischer Herkunft bei der Wohnungssuche sanktionieren, sagte der Beauftragte der Bundesregierung. „Denn in mehreren gesellschaftlichen Bereichen sehen wir Diskriminierung. Das trifft nicht nur Menschen mit einem israelischen Pass.“

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Das in Deutschland geltende Antidiskriminierungsgesetz verbietet eine Ausgrenzung aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder des Alters eines Menschen. Auch Personen mit Behinderungen dürfen nicht diskriminiert werden. Eine schlechtere Behandlung durch eine Firma oder eine Behörde aufgrund der Nationalität eines Menschen bestraft das Gesetz bisher nicht.

Will eine Diskriminierung aufgrund der Nationalität stoppen: Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung.
Will eine Diskriminierung aufgrund der Nationalität stoppen: Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung. © Funke Foto Service | Reto Klar

Genau das wäre im Fall von Kuwait Airways so. Denn das Unternehmen stellt israelische Staatsangehörige schlechter als andere Passagiere. Und damit in der Regel vor allem Jüdinnen und Juden. Rund drei Viertel aller Menschen mit israelischem Pass sind jüdischen Glaubens. Auf eine kurzfristige Anfrage unserer Redaktion zu den Vorwürfen reagierte Kuwait Airways bisher nicht.

Allerdings blieben in der Vergangenheit rechtliche Klagen gegen das „Boykott-Gesetz“ in Deutschland erfolglos. So landete etwa der Fall des Mannes, der nach Bangkok fliegen wollte, vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Die erste Klage war bereits beim Landgericht gescheitert. Das Gericht sagte zwar, dass die Airline trotz des geltenden „Boykott-Gesetze“ einen Israeli fliegen lassen dürfe, da die kuwaitische Verordnung nicht zwingend für Flüge gelte, die in Deutschland gebucht würden.

Eine Entschädigung bekommt der Mann nicht, die Airline behält Recht

„Die mit diesem Gesetz verfolgten kuwaitischen politischen und wirtschaftlichen Ziele stimmten mit den deutschen außenpolitischen Wertungen und Interessen in keiner Weise überein“, heißt es in einem Urteil von 2018. Die Folgen der Anwendung dieses Gesetzes stünden „in einem eklatanten Widerspruch zu vorrangigen europäischen Vorgaben“ wie auch „deutschen Wertentscheidungen“.

Zugleich könne der klagende Passagier keine Mitnahme von Deutschland nach Kuwait durch die Airline verlangen, so das Oberlandesgericht. Der Grund sei: Menschen mit israelischer Staatsangehörigkeit würden ohnehin den Boden in Kuwait nicht betreten, nicht einmal im Transitbereich eines Flughafens. Denn auch dafür benötigen Fluggäste ein Visum. Israelis aber bekämen keines. Der Mann bekam also weder einen Flug noch eine Entschädigungszahlung. Das Frankfurter Gericht merkt nüchtern an, dass dies für den Kläger „unbefriedigend“ sei.