Berlin. In Frankfurt kommt ein Mann so nah an Kanzler Scholz heran, dass er ihn umarmen kann. Wie das passieren konnte, ist noch ein Rätsel.
Eine schwere Sicherheitspanne bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Frankfurt am Main wirft Fragen nach dem Schutz des SPD-Politikers auf. Ein Autofahrer hatte sich mit seinem Privatwagen dem Konvoi des Kanzlers angeschlossen, war so aufs Flughafengelände gelangt und hatte es sogar geschafft, sich auf dem Rollfeld dem Kanzler zu nähern und ihn zu umarmen.
Was war passiert?
Scholz war nach einem Besuch bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt in Begleitung von Personenschützern und Polizei am Mittwochabend zum Flughafen gefahren. Das Bundeskriminalamt (BKA) spricht von einem „Sicherheitsvorfall“ auf dem Gelände, „bei dem sich eine männliche Person unbefugt dem Bundeskanzler näherte. Es wurde niemand verletzt.“
Die Person sei „ohne Widerstand“ von der Bundespolizei festgenommen worden. Aus polizeitaktischen Gründen wollte das BKA keine weiteren Auskünfte erteilen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat die zuständige Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den Mann eingeleitet.
Wie wird der Kanzler geschützt?
Der Bundeskanzler wird stets von Personenschützern begleitet, wenn er im In- oder Ausland unterwegs ist. Für diesen Personenschutz ist das Bundeskriminalamt zuständig. Bei öffentlichen Auftritten sind die BKA-Beamten stets in der Nähe des Kanzlers, sie beobachten die Umgebung und achten darauf, dass sich niemand dem Regierungschef nähert.
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Da der Mann also unmittelbar an Scholz herankam und dem Kanzler sogar die Hand schütteln und ihn umarmen konnte, ist der Vorfall in Frankfurt als schwere Panne einzustufen. In dem konkreten Fall sind für die Sicherheit am Flughafen auch die Bundespolizei und wegen des Transports dorthin auch die Landespolizei Hessen verantwortlich und in das Sicherheitskonzept eingebunden gewesen.
Wie bewegt sich der Kanzler?
Ob Berlin, Frankfurt oder ausländische Metropolen wie Washington, Johannesburg und Buenos Aires: Der Kanzler fährt in einem gesicherten Wagen, begleitet von der Polizei. Die Wege des Kanzlers werden im Vorfeld genau geplant: Wer sitzt in welchem Fahrzeug? In welcher Reihenfolge fahren die Wagen? Wie viele und welche Wagen gehören zum Kanzler-Tross? Welcher Weg wird genommen?
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Dazu gehört gerade im Ausland auch, dass Straßen abgesperrt werden, damit die Kanzler-Kolonne nicht im Stau steht. So soll nicht nur verhindert werden, dass Scholz zu seinen Terminen zu spät kommt. Es dient auch der Sicherheit des Regierungschefs. Umso verwunderlicher ist, dass es dem Mann in Frankfurt gelingen konnte, sich unbemerkt dem Konvoi anzuschließen.
Wie fliegt der Kanzler?
Scholz muss am Flughafen nicht durch die Sicherheitskontrollen, die Privatreisende durchlaufen. Sein Wagen fährt in der Regel auf gesonderte Bereiche der Flughäfen und dort direkt aufs Rollfeld zum Regierungsflieger. Vom Ausstieg aus dem Wagen bis zur Treppe am Flugzeug sind es normalerweise nur wenige Meter. Auch hier sind eigentlich sein Personenschützer in der Nähe, die dem Kanzler die Tür des Wagens öffnen. Ob die Personenschützer bei dem Vorfall in Frankfurt nicht die Tür des Wagens für Scholz öffneten, konnte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag nicht sagen.
Wie wird der Fall aufgearbeitet?
Scholz habe „volles Vertrauen“ in die Arbeit der Polizei, sagte Büchner. Aber: „Natürlich stellen sich jetzt trotzdem Fragen rund um diesen Vorfall“, die nun „sorgfältig aufgeklärt“ werden müssten. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums räumte ein, der Vorfall sei „inakzeptabel“: „Wir nehmen den Vorgang sehr ernst.“
Die Geschehnisse sollten „konsequent“ aufgearbeitet und analysiert werden. „Betroffen sind hier Sicherheitsmaßnahmen von der Landespolizei, der Bundespolizei und des Bundeskriminalamts“, erläuterte der Ministeriumssprecher weiter. Ein solches Geschehen dürfe sich nicht wiederholen. Wo der Fehler gelegen habe, lasse sich aber noch nicht sagen.
Wie reagierte Scholz?
Die Begegnung „hatte der Bundeskanzler so nicht geplant“, sagte Vize-Regierungssprecher Büchner. Von daher war es überraschend für ihn, aber in der konkreten Situation kein großer Vorfall.“ Büchner betonte: „Der Bundeskanzler hat sich auch zu keiner Zeit bedroht gefühlt.“ Allerdings räumte er auch ein, dass etwas Schlimmeres hätte passieren können.