Witten. Die Wärmewende trifft nicht nur Privatpersonen. Auch die Stadt Witten muss überlegen, wie sie künftig heizen will. Und wie sie das bezahlen soll.

Beim Gedanken an die anstehende Wärmewende läuft nicht nur vielen Eigenheim-Besitzern ein kalter Schauer über den Rücken. Denn das Aus für Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, trifft auch Städte und Kommunen wie Witten. Viele der 160 städtischen Gebäude in der Ruhrstadt werden aktuell mit Gas- oder Ölheizungen betrieben. Und eine Umrüstung könnte teuer werden. Vielleicht sogar zu teuer.

Wie viele Heizanlagen es genau sind und wie alt die Heizungen jeweils sind, darüber möchte die Stadt auf Nachfrage keine Auskunft geben. Nur so viel: Rund 90 Prozent der städtischen Gebäude sind mit Gasheizungen ausgestattet, der Rest nutzt Fernwärme und Öl. Eine Wärmepumpe gibt es bislang nur in der Kita Ledderken, eine zweite soll im neuen Feuerwehr-Gerätehaus Mitte auf Drei Könige eingebaut werden.

Städte- und Gemeindebund warnt vor Kosten für Kommunen

Man habe aber „einen Überblick über die Heizungsanlagen und -kessel sowie ihre Energie-Effizienzklassen“, heißt es aus dem Gebäudemanagement. „Stand heute müssten wir, gemäß Baujahr, keine Anlagen tauschen“, sagt Stadtsprecherin Lena Kücük. Nur, wenn eine Heizung nicht mehr repariert werden könne.

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Die bisherigen Pläne der Ampel-Koalition zum Heizungstausch könnten die Kommunen in Deutschland insgesamt mindestens acht Milliarden Euro kosten. Damit rechnet einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ zufolge der Städte- und Gemeindebund. Demnach müssten 135.000 kommunale Gebäude bis 2045 mit einer neuen Heizung ausgestattet werden. Um die Auflagen zu erfüllen, entstünden Mehrkosten pro Anlage von je 60.000 Euro, so die Schätzung des Bundes. Für Witten würde das grob geschätzt über acht Millionen Euro bedeuten.

„Summen, die wir nicht stemmen können“

Die Pläne für das Gebäudeenergiegesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) werden aktuell noch heftig diskutiert und könnten noch abgeändert werden, etwa was Ausnahmen und Zeiträume angeht. Eine seriöse Kostenschätzung für Witten sei deshalb zu diesem Zeitpunkt auch kaum möglich, so das Gebäudemanagement. Nach dem, was bislang an Vorgaben und Regelungen bekannt ist, müsste die Stadt aber „mit Summen rechnen, die wir aktuell nicht stemmen könnten“.

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Aus Sicht des Gebäudemanagements sei es nach aktuellem Stand auch zweifelhaft, dass für die Wärmepumpen ausreichend Strom zur Verfügung stehen würde. Zusätzlich müssten wohl an und in den Gebäuden weitere Arbeiten durchgeführt werden, etwa größere Heizkörper eingebaut oder die Dämmung verbessert werden. Insgesamt müsse man davon ausgehen, dass die Maßnahmen zusammengenommen für die Stadt „eher nicht zu leisten sein werden“.

Neue Gasbrennwertkessel im sanierten Rathaus

Ins Rathaus sind übrigens im Zuge der Sanierung des Süd-Flügels um 2020 zwei neue Gasbrennwertkessel eingebaut worden, die beide Flügel mit Wärme versorgen. Zusätzlich soll auf dem Dach des nördlichen Gebäudeteils eine Photovoltaik-Anlage entstehen. Welche Leistung diese haben soll und wie viel des Stromverbrauchs des Rathauses darüber abgedeckt werden können, auch dazu kann die Verwaltung keine näheren Angaben machen.

Im Südflügel des Wittener Rathauses wurden im Zuge der Sanierung zwei neue Gasbrennwertkessel eingebaut. Aufs Dach des Nordflügels soll eine Solaranlage kommen.
Im Südflügel des Wittener Rathauses wurden im Zuge der Sanierung zwei neue Gasbrennwertkessel eingebaut. Aufs Dach des Nordflügels soll eine Solaranlage kommen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Für die konkrete Planung der Umstellung auf klimaneutrales Heizen, wartet das Gebäudemanagement der Stadt auf den Wärmeplan der Stadtwerke. Dieser soll die Frage klären, wie die Wärmeversorgung in Witten in zehn bis 20 Jahren aussehen soll. Dazu will die Stadttochter in einem ersten Schritt eine Bestandsaufnahme der bestehenden Anschlüsse für Strom, Gas, Nachtspeicher und ähnliches erheben – für die gesamte Stadt.

Wasserstoff und Fernwärme

In einem zweiten Schritt wolle man sich einzelne Gebiete anschauen und überlegen, wo welche Art der Wärmeerzeugung sinnvoll oder machbar sei. Dabei werde nach Angaben von Stadtwerke-Sprecher Mathias Kukla etwa geprüft, wie das Netz dort aufgestellt ist, welche Ausbau-Potenziale es gibt. Auch die Art der Bebauung spiele eine Rolle. „In der Innenstadt wird es eher keine Wärmepumpe“, so Kukla.

Auch ein Ausbau des Fernwärmenetzes ist nicht ausgeschlossen. Bislang beziehen lediglich 1500 Kunden in Bommern über die Stadtwerke Fernwärme. Das Thema Wasserstoff werde bei der ersten Planung hingegen keine große Rolle spielen. Sicher ist laut Kukla nur eins: „Es wird künftig viel individueller als es momentan der Fall ist. Es wird auf das einzelne Haus ankommen.“ Auch bei der Stadt Witten.

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