„Spiegel“-Bestsellerautor Stephan Lamby arbeitet gerade an einem neuen Buch, in dem es um die Gefährdung der Demokratie in der westlichen Welt geht.
„Spiegel“-Bestsellerautor Stephan Lamby arbeitet gerade an einem neuen Buch, in dem es um die Gefährdung der Demokratie in der westlichen Welt geht. Er war und ist viel in Ostdeutschland unterwegs, in verschiedenen europäischen Staaten, in Argentinien – und natürlich in den USA. Zusammen mit dem ehemaligen „Spiegel“-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer hatte Lamby 2020 das Buch „Im Wahn. Die amerikanische Katastrophe“ geschrieben – eine Bilanz der ersten vier Jahre unter dem Präsidenten Donald Trump. Dass der jetzt tatsächlich „four more years“ bekommt, hält Lamby nach dem Attentat für sehr wahrscheinlich.
„Ich bin nach dem, was in den USA passiert ist, sehr aufgewühlt. Es besorgt mich, wie leicht es einem Attentäter dann doch fällt, alle Sicherheitsnahmen zum Schutz eines Politikers zu überwinden“, sagt Lamby. Zudem beunruhige ihn, wie empfänglich die Menschen für Verschwörungstheorien seien und wie rasend schnell sie sich verbreiten würden: „Schon in den Stunden nach dem Attentat kursierten Behauptungen, dass die Demokraten, die kritischen Medien oder gar der Staat dahinterstecken. Und diese Theorien kamen nicht von irgendwelchen Durchgeknallten in den sozialen Medien, sondern von namhaften Republikanern, die im Netz enorm viele Menschen erreichen. Das ist beängstigend, weil solche Verschwörungstheorien auf einmal mehrheitsfähig werden.“
Ist es vorstellbar, dass Donald Trump angesichts des Attentats, dass er nur durch eine glückliche Kopfbewegung im entscheidender Moment überlebt hat, ein anderer wird? Immerhin hat er angekündigt, beim Parteitag der Republikaner eine deutlich moderatere Rede zu halten als geplant. „Ich beobachte den Politiker Donald Trump seit neun Jahren und würde sagen: Niemals wird aus ihm ein moderater, geläuterter Politiker werden, der sich um ein Zuschütten der Gräben kümmert“, so Stephan Lamby. Wenn er sich jetzt so inszeniert, ist das nicht mehr als ein cleverer Schachzug. Trump ist und bleibt ein aggressiver Mensch.“ Das Verhalten des ehemaligen Präsidenten, der nach dem Attentat mit blutverschmierten Gesicht die Faust gen Himmel reckte und mehrmals „Fight“ schrie, sei „beängstigend genial“. Und das hat Folgen für den Wahlkampf: „Es gibt jetzt auf der einen Seite den Märtyrer Trump, der kurz vor seiner Krönungsmesse steht, und auf der anderen einen Präsidenten, dem immer weniger Menschen das Amt zutrauen. Es könnte nicht besser laufen für Donald Trump.“
Und was heißt das für Olaf Scholz, der seine Außenpolitik in den vergangenen drei Jahren sehr auf die Zusammenarbeit mit Joe Biden gestützt hat? Lamby erinnert die Situation an den November 2016, in dem der damals scheidende US-Präsident Barack Obama nach Berlin gekommen war, um Angela Merkel bei einem Abendessen darum zu bitten, wieder als Kanzlerin zu kandidieren und in die Rolle des „Leaders der freien Welt“ zu schlüpfen. „In eine ähnliche Rolle kann jetzt Olaf Scholz kommen, er hat beim Nato-Gipfel bereits entsprechende Andeutungen gemacht. Der neue britische Premier ist zu frisch im Amt, Emmanuel Macron ist schwer angeschlagen, Donald Trump unberechenbar. Wenn er wiedergewählt wird, wird Olaf Scholz im nächsten Jahr mächtig durchgerüttelt werden: Auf den Kanzler kommen riesige Herausforderungen zu, die aber die Chance bergen, sich als einer der letzten Verteidiger der freien Welt zu beweisen.“
Weitere Podcast unter: www.abendblatt.de/podcast
- Wir freuen uns auf Eure Bewertungen und Likes
- Abonniert unseren Podcast, natürlich kostenlos
- Feedback: moinhamburg@abendblatt.de