Nico Fried hat die Art und Weise, mit der Olaf Scholz versucht, seine Politik zu erklären, vor kurzem in einem Kommentar für den „Stern“ als kauzig beschrieben. Aber er sagt auch, dass der Kauz im Kanzleramt Recht hat, was seine Weigerung angeht, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern: „Das Risiko will der Kanzler nicht eingehen.

Man kann das Feigheit nennen, wenn man unbedingt will. Trotzdem wäre es eine Feigheit, die er vom ersten Tag des Krieges an verkündet hat.“ Soll heißen: Scholz bleibt sich treu, will unbedingt verhindern, dass Deutschland „direkt oder indirekt“ an dem Krieg beteiligt wird. „Er beruft sich dabei immer auf seinen Amtseid, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“, sagt der Politikchef des „Stern“ in Berlin. „Es gibt aber nach meinem Dafürhalten auch einen moralischen Schaden, nämlich dann, wenn die Ukraine diesen Krieg verlieren sollte, weil vielleicht bestimmte Waffen nicht oder zu spät geliefert werden. Das ist ein Dilemma, und ich möchte nicht in der Haut des Kanzlers stecken.“ Entscheidend in dieser schwierigen Situation sei, dass er so kommuniziere, dass ihn jeder verstehe: „Leider neigt Scholz aber dazu, eine Antwort zu geben, die zwei neue Fragen aufwirft.“

Welche Rolle spielt der Abhörskandal, der in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen gesorgt hat? Zur Erinnerung: Deutsche Top-Militärs waren von Russland dabei belauscht worden, wie sie über einen möglichen Taurus-Einsatz in der Ukraine sprachen. Nico Fried hat sich den inzwischen veröffentlichten Mitschnitt mehrmals angehört und sagt: „Ich kann nicht erkennen, dass dieses Gespräch über den Fakt, dass es nicht sicher geführt würde, für irgendjemanden politisch gefährdet werden könnte. Das war eine normale Besprechung unter Experten. Inhaltlich ist da für mein Empfinden kein Skandal zu finden.“ Ein anderer Vorwurf an Olaf Scholz sei, dass er versuche, sich lieb Kind bei Wladimir Putin zu machen, in dem er zum Beispiel den Taurus nicht liefere: „Das halte ich für absurd. Ich glaube, dass der Bundeskanzler sehr genau weiß, dass Putin letztlich unberechenbar ist.“ Scholz versuche lediglich zu vermeiden, dass Deutschland oder ihm die Schuld daran gegeben werden, wenn der Krieg sich ausweiten sollte.

Es bleibt die Frage, die die Berliner Journalisten seit Monaten umtreibt, und die inzwischen fast jeden Tag neu in einem Medium aufploppt und „langsam etwas Ermündendes“ hat: Wann bricht die Koalition zusammen? Fried gehörte lange zu denjenigen, die nicht an ein vorzeitiges Ende der Ampel glaubten. Das habe sich inzwischen aber geändert: „Eigentlich kann keine der drei Parteien ein Interesse daran haben, dass die Bundesregierung zerbricht“, sagt er. „Aber ich glaube, dass Christian Lindner am Ende die Koalition nur fortsetzen wird, wenn er das Gefühl hat, so bei der Wahl 2025 wieder den Einzug in den Bundestag schaffen zu können.“ Sollte er einen anderen Eindruck habe, werde er die Regierung verlassen: „Lindner wird nur dann mit seinem politischen Lebenswerk zufrieden sein, wenn die FDP nach der Beteiligung an der Ampel wieder in den Bundestag kommt.“

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