Berlin. Wappnen für die kalte Jahreszeit: Als weiterer Schutz soll nun ein neuer, an aktuelle Varianten angepasster Corona-Impfstoff in die Praxen kommen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die Corona-Pandemie ist vorüber, aber das Virus ist nicht verschwunden. Ähnlich wie bei Grippe wird gefährdeten Gruppen deshalb geraten, den Impfschutz zu erneuern - möglichst im Herbst. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (60) will vorangehen und sich in Berlin eine empfohlene Auffrischungsspritze gegen Sars-CoV-2 geben lassen.

Ab dem 25. September dann soll auch ein neuer Impfstoff in Praxen verfügbar sein. Der SPD-Politiker und der amtierende Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lars Schaade, wollen auch die aktuelle Corona-Situation vor der kälteren Jahreszeit erläutern.

Um was für einen neuen Impfstoff geht es?

Um ein nochmals weiterentwickeltes Präparat von Biontech/Pfizer. Der Impfstoff wurde angepasst an die Omikron-Sublinie XBB.1.5. Erreicht werden soll damit besserer Schutz vor aktuell kursierenden Varianten, vor allem vor schweren Corona-Verläufen und Krankenhausaufenthalten. Am Montag kommt zuerst das Präparat für Menschen ab 12 Jahren in die Praxen. Ab 25. September kann laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung der angepasste Impfstoff für Kleinkinder erstmals geliefert werden, ab 2. Oktober das Präparat für Kinder zwischen fünf und elf Jahren.

Und wie viel neuen Impfstoff gibt es?

Für die Impfsaison 2023/24 sollen 14 Millionen Dosen des angepassten Biontech-Präparats zur Verfügung stehen. Ausgeliefert werden sollen sie laut Bundesgesundheitsministerium bis November. Kommen sollen 13,6 Millionen Dosen für Menschen ab zwölf Jahren, 300.000 Dosen für Kinder von fünf bis elf Jahren sowie 200.000 Dosen für Kleinkinder.

Wer sollte sich noch impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat zuletzt Auffrischimpfungen nur bestimmten Gruppen empfohlen. Dazu gehören etwa Menschen ab 60, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem Alter von sechs Monaten, Pflege- und Gesundheitspersonal sowie Angehörige von Risikopatienten. War man kürzlich infiziert, so bedeutet das in der Regel bereits eine Auffrischung der Immunität, eine extra Impfung ist dann nicht nötig. Laut Stiko sollen in der Regel mindestens zwölf Monate seit der letzten Impfung oder Infektion vergangen sein.

Wie laufen Impfungen jetzt eigentlich?

Die Organisation der Corona-Impfungen war zu Ostern vom Krisenmodus in die reguläre Versorgung in den Praxen übergegangen. Rahmen für den Anspruch auf kostenlose Impfungen ist nun eine Richtlinie, die sich an den Stiko-Empfehlungen orientiert. Laut einer Bundesverordnung sind Impfungen auf Kassenkosten aber auch darüber hinaus möglich, wenn eine Ärztin oder ein Arzt es für medizinisch erforderlich hält. Die Organisation wird dadurch komplizierter, dass der neue Impfstoff nicht als Einzeldosis kommt, sondern in Fläschchen mit sechs Dosen. Praxen müssen so oft erst genügend Impf-Interessenten dafür sammeln.

In Bundesländern, in denen die Vergütung für die Corona-Impfung noch nicht geregelt ist, bekommen Patientinnen und Patienten vorerst eine Privatrechnung. Diese können sie dann zur Erstattung bei der gesetzlichen Kasse einreichen. Das ist etwa in Hessen der Fall. Der Betrag, den Patientinnen und Patienten vorstrecken müssen, könnte nach Schätzung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen bei knapp 35 Euro liegen.

Kommt noch anderer angepasster Impfstoff?

Für die Impfsaison erwartet werden - vorbehaltlich einer Zulassung durch die EU-Kommission - auch 10,6 Millionen Dosen der an XBB.1.5. angepassten Impfstoffe des Herstellers Novavax. Sie sollen voraussichtlich im vierten Quartal 2023 zur Verfügung stehen. Erst am Freitag hatte die EU-Kommission einen adaptierten Impfstoff von Moderna zugelassen.

Wie steht es gerade um das Infektionsgeschehen?

Die Ruhe des Sommers scheint vorbei: Die Zahl der offiziell im Labor bestätigten Corona-Infektionen nimmt bereits seit einigen Wochen wieder deutlich zu. Zwischen Anfang August und der Woche bis 10. September haben sich die wöchentlichen Werte mehr als verdreifacht. Eine hohe Dunkelziffer von nicht per PCR-Test bestätigten Fällen ist anzunehmen, weil viel seltener auf Corona getestet wird als zu Hochzeiten der Pandemie.

Welche Corona-Variante ist gerade vorherrschend?

In Deutschland zirkulieren derzeit verschiedene Varianten. Die Linien EG.5 (auch Eris genannt) und XBB.1.16 wurden in der Woche bis 3. September je mit einem Anteil von knapp 23 Prozent nachgewiesen, wie das RKI berichtete. Auch die stark mutierte Variante BA.2.86 (Pirola) ist hierzulande angekommen. Mittlerweile werden allerdings nur noch wenige positive Proben auf Varianten untersucht. Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek sagte kürzlich, sie sei relativ entspannt, solange Omikron zirkuliere. Sie sehe dann keine Gefahr, dass sich die Situation stark verändere oder dass noch einmal staatliche Maßnahmen verhängt würden.

Droht im Herbst und Winter noch einmal eine heftigere Welle?

Das lässt sich schwer sagen. Es hängt auch davon ab, ob noch einmal eine Variante auftaucht, die das Immunsystem austricksen kann. Fachleute gehen bisher von einer breiten Grundimmunität durch Impfungen und Infektionen in Deutschland aus. Dennoch kann man sich anstecken. Erwartet wird aber, dass grundsätzlich gesunde Menschen in der Regel nicht mehr so schwer erkranken, dass sie ins Krankenhaus oder gar auf die Intensivstation müssen.

Lauterbach betonte zugleich: „Covid ist keine Erkältungskrankheit.“ Ansteckungen brächten das Risiko von Long Covid mit sich. Fachleute aus Kliniken rechnen wegen Personalmangels und saisonalen Infektionswellen auch mit anderen Erregern wieder mit Stress im Gesundheitswesen.