Menden/Hagen. . Im Döner-Steuerprozess geht es jetzt um Vermögenswerte, die die Angeklagte an Verwandte übertrug. Die wehren sich gegen eine Beschlagnahme.
Die Phalanx wächst: Neben zwei Verteidigern der ehemaligen Betreiberin eines Döner-Imbisses in Menden sitzen seit Freitag noch zwei weitere Anwälte im Saal 101 des Landgerichts Hagen. Sie vertreten die Interessen einer Tochter und eines Bruders der Angeklagten. Das Gericht geht davon aus, dass die Angeklagte ihnen zu Unrecht Vermögenswerte übertragen hat.
Grundlage für die Beschlagnahmung ist das „Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung“, das am 1. Juli 2017 in Kraft trat. Es soll den Zugriff auf das Vermögen von Straftätern erleichtern. „Ein neues Instrument“, erklärte der Vorsitzende Richter der 1. großen Wirtschaftsstrafkammer.
Um Finanzierung durch Bank bemüht
Nach einer ersten Einarbeitung meldete sich einer der für die Eigentumsangelegenheiten zuständigen Anwälte gestern auch zu Wort: Er beantragte eine „Aufhebung des gegen meinen Mandanten erlassenen dinglichen Arrestes“. Das klingt so, als könnten auch Eigentumswohnungen verhaftet werden. Gemeint ist offenbar, dass beschlagnahmte Eigentumswerte der betroffenen Personen, die ihnen die Angeklagte unter dem Druck der drohenden Einziehung übertragen haben soll, wieder freigegeben werden. Zur Begründung führte der Anwalt an, dass sich die Familie vor dem Erwerb von Immobilieneigentum um die Finanzierung durch eine Bank bemüht haben soll. Das wäre ein Hinweis, dass die Familie der Angeklagten ihre Immobilien nicht aus der Portokasse bezahlte.
Der Fall: 300 000 Euro am Fiskus vorbei?
Der 46-jährige Mendenerin wird vorm Landgericht vorgeworfen, in ihrem Imbiss mehr Döner verkauft zu haben als beim Fiskus angegeben. So habe sie Steuerzahlungen in Höhe von gut 300 000 Euro vermieden.
Nur mühsam ging auch gestern die weitere Zeugenvernehmung voran: Zwei Zeugen konnten trotz Bemühungen der Polizei nicht eingefangen werden. Und so holte sich der Vorsitzende die Zustimmung der anderen Prozessbeteiligten: „Legt jemand Wert auf die Zeugen, dass wir hinter denen herlaufen?“ Nein, es legte niemand besonderen Wert darauf.
Einem Mitarbeiter des Döner-Imbisses mochte niemand so recht glauben, dass er die Angeklagte nur noch ganz sporadisch dort gesehen haben wollte. Das Gericht geht davon aus, dass sie trotz der Übertragung der Geschäfte auf ihren Vater und ihre Tochter immer noch die Fäden in der Hand hielt. Dafür gab es in der Aussage des Zeugen allerdings keine Anzeichen. Er selbst bezahlte seine Angaben mit der Drohung, dass gegen ihn ein Verfahren wegen Falschaussage eingeleitet würde. „Es gibt an mehreren Stellen Bedenken, ob das alles der Wahrheit entspricht, was Sie uns hier erzählen“, erklärte der Vorsitzende. Und der Staatsanwalt legte noch eine Schippe drauf: „Es gibt zig Gründe, warum man feststellen muss, dass das gelogen ist, was Sie uns hier erzählen.“ Der 43-Jährige blieb trotz einer Bedenkzeit vor dem Gerichtssaal bei seiner Darstellung. Er habe doch gar nichts von seiner (mutmaßlichen) Falschaussage, mahnte der Staatsanwalt.
Fortsetzung am 6. August
Bis zum nächsten Verhandlungstermin am 6. August müssen nun alle Beteiligten Berge von Akten lesen. Der Marathon begann gestern bereits mit der Verlesung von Dokumenten, bei denen die Kammer offenbar nicht darauf setzen konnte, dass Betroffene sie selber lesen.