Berlin. Orcas gehören zu den intelligentesten Jägern der Weltmeere. Jetzt haben Forscher eine neue, ausgeklügelte Taktik beobachtet.
Das Jungtier hat keine Chance. Eine Gruppe Orcas stürzt sich auf den Walhai, attackiert ihn immer wieder. Einer der Jäger trifft sein Opfer wuchtig mit der Seite seines Kopfes, was bei dem Hai eine Muskelerstarrung und einen Zustand der „tonischen Immobilität“ hervorruft. Das Jungtier kann sich nicht mehr bewegen und wird durch weitere Stöße der Schwertwale quasi umgedreht, wodurch seine verwundbare Bauchseite frei liegt. „Bei der Jagd arbeiten alle Mitglieder der Gruppe zusammen und schlagen auf den Walhai ein, um ihn umzudrehen“, erklärte der Meeresbiologe Erick Higuera Rivas in einer gerade veröffentlichten Studie im Fachblatt „Frontiers in Marine Science“.
Das Jagdverhalten der Orcas an der Pazifikküste Mexikos ist ein weiteres Beispiel für die hohe Intelligenz der Tiere. Sie wissen genau, dass der Walhai am Bauch weniger Muskeln und Knorpel hat und der Bereich weniger geschützt ist. Anschließend beißen sich die Tiere durch die Haut des jungen Walhais, um seine begehrten Organe wie etwa die fettreiche Leber herauszuziehen und zu fressen.
Orcas arbeiten strategisch zusammen
Möglicherweise habe sich die Orca-Gruppe darauf spezialisiert, Jagd auf Walhaie zu machen, folgern die Forschenden. Sie untersuchten vier Attacken in den Jahren 2018 bis 2024 in verschiedenen Gegenden des Golfs von Kalifornien. Anhand von Rückenflossen und Narben konnten sie einzelne Tiere identifizieren. Demnach war ein bestimmter Orca, der nach dem Azteken-Herrscher Moctezuma benannt wurde, an drei der vier Attacken beteiligt. Es sei sehr beeindruckend, wie strategisch die Orcas zusammenarbeiteten, sagt Higuera Rivas. „Das zeigt, was für großartige Raubtiere sie sind.“
Eigentlich stehen nämlich weitaus kleinere Tiere auf dem Speiseplan der Schwertwale. Thunfische, Robben und Schildkröten sind die bevorzugte Beute der Meeresräuber.
Doch die Tiere sind äußerst intelligent, können sogar Prädatoren wie dem berüchtigten Weißen Hai gefährlich werden. Angriffe auf Walhaie sind dagegen offenbar ein neues Phänomen. Diese gehören ebenfalls zu den Haien und können bis zu 20 Meter lang und 34 Tonnen schwer werden. Allerdings wurden bisher nur Attacken auf weitaus kleinere Jungtiere beobachtet.
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Im Mittelmeer versenkten Orcas schon Jachten
Wie die Umweltstiftung WWF schreibt, ist die Haut der Walhaie mit bis zu 15 Zentimetern die wohl dickste Tierhaut aller Lebewesen. Sie leben als Einzelgänger und können bis zu 100 Jahre alt werden. Jüngere und damit auch kleinere Walhaie sind häufig vor der Küste Mexikos anzutreffen. Dort werden die drei bis sieben Meter langen Haie offenbar manchmal zur Beute von Orcas (Orcinus orca).
In der Vergangenheit wurden Orcas auch im westlichen Mittelmeer vor der spanischen Küste beobachtet, wo Jungtiere das Ruder von Jachten als Spielzeug benutzten und einige der Boote sogar versenkten. tok/dpa