Berlin. In der tschechischen Kleinstadt Mährisch-Schönberg kam es überraschend zu Schneefall. Schuld ist aber nicht das Wetter, sondern
In einer tschechischen Kleinstadt kam der erste Wintereinbruch in diesem Jahr überraschend. Das Kuriose daran: Im Umland der Kleinstadt Mährisch Schönberg war davon nichts zu sehen. Laut eines X-Posts des Hydrometeorologischen Instituts (CHMI) handelt es sich um „industriellen Schneefall“ – also ein menschengemachtes Winterwunderland. Allerdings entsteht dieser Schnee nicht durch Schneekanonen oder künstlichen Dekor-Schnee. Vielmehr ist er das Ergebnis eines Wetterphänomens, das im Zusammenspiel mit Industrieanlagen auftritt.
🐴❄️Přijede zítra Martin na bílém koni? A nespletl se dnes a nepřijel náhodou už někam? A jaký vlastně bude příští týden? Více⬇️
— Český hydrometeorologický ústav (ČHMÚ) (@CHMUCHMI) November 10, 2024
👉Zítra mají svátek Martinové, a tak se nabízí obligátní otázka, zda alespoň jeden z nich nepřijede na bílém koni. Odpověď je složitější. Kdybychom se… pic.twitter.com/sU0Q8u9XEN
Damit Industrieschnee auftreten kann, braucht es laut dem „Deutschen Wetterdienst“ (DWD) bestimmte Wetterbedingungen. Folgende Umstände müssen gegeben sein:
- Hochdruckwetterlage und Inversion: Eine Hochdruckwetterlage sorgt dafür, dass die Luft absinkt und eine sogenannte Inversion bildet. Das bedeutet, dass die Temperatur in höheren Luftschichten wärmer ist als in den unteren. Diese Inversion wirkt wie eine Art Deckel und verhindert den Luftaustausch.
- Hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen unter 0 Grad: In dieser eingeschlossenen Schicht bilden sich bei hoher Feuchtigkeit Nebel oder Hochnebel. Es ist wichtig, dass die Temperatur unter dem Gefrierpunkt liegt.
- Windstille: Damit sich die Luft nicht durchmischt, sollte es möglichst windstill sein.
Nun kommt der Mensch ins Spiel. Industrieanlagen oder Gebäude mit Schornsteinen setzen Wasserdampf und Aerosole (feine Partikel, die als Kondensationskerne dienen) frei. Diese zusätzliche Feuchtigkeit kann aufgrund der Inversion nicht aufsteigen und bleibt in der bodennahen Luftschicht gefangen. Wenn die Luft schließlich gesättigt ist, beginnt die Feuchtigkeit zu kondensieren und es bilden sich bei den kalten Temperaturen kleine Schneekristalle.
Bis zu zehn Zentimeter Schnee möglich – auch in Deutschland
Diese winzigen Eisnadeln fallen langsam zu Boden und bilden eine dünne Schneeschicht, die sich meist nur auf ein kleines Gebiet um die jeweilige Industrieanlage beschränkt. In seltenen Fällen können auf wenigen hundert Metern bis zu 10 Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. Im Gegensatz zu normalem Schnee glitzert Industrieschnee durch seine feine Körnung im Licht, haftet besser an Oberflächen und erzeugt so märchenhaft weiße Landschaften. Er ähnelt in seiner Konsistenz Pulverschnee und wird oft mit Reif verwechselt.
In der Kleinstadt Mährisch Schönberg, die 220 Kilometer von Prag entfernt liegt, gibt es verschiedene Industriebetriebe. Am Morgen wurden dort minus 5,6 Grad gemessen. In der Regel ist der „industrielle Schneefall“ von kurzer Dauer und tritt vor allem in den frühen Morgenstunden auf, wenn die Temperaturen am niedrigsten sind. Mit dem Sonnenaufgang und steigenden Temperaturen hört der Schneefall auf.
Auch in Deutschland tritt dieses Phänomen immer wieder auf. Besonders im Ruhrgebiet kommt es relativ häufig zu industriell bedingtem Schneefall, der jedoch meist nicht als solcher erkannt wird. Aufgrund der typischen Wetterbedingungen bleibt der Schnee oft unbemerkt oder wird fälschlicherweise für normalen Schneefall gehalten.