Rom. Die Menschen am Supervulkan leben in ständiger Sorge vor einem Ausbruch. Trotzdem wollen viele nicht gehen – zu ihnen gehört auch Carmela.
- Die Menschen am Supervulkan bei Neapel leben mit der Gefahr von Erdbeben oder eines Ausbruchs
- Um sie auf den Notfall vorzubereiten, haben die Behörden zu einer Evakuierungsübung aufgerufen
- Doch obwohl sie sich beteiligt hat, denkt Carmela Anzalone gar nicht daran, aus ihrer Heimat wegzuziehen
Carmela Anzalone sitzt in einem Bus mit anderen hundert Menschen aus Bacoli, einer Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern, die sich im Vulkankessel der Phlegräischen Felder befindet. Die 66-jährige Lehrerin beteiligt sich an dem ersten großen Evakuierungstest für den Fall eines Ausbruchs des Supervulkans, der sich auf einem 150 Quadratkilometer großen Areal unweit von Neapel erstreckt. Eine halbe Million Menschen leben in der Umgebung.
Tausende Personen versammelten sich am Samstagvormittag bei warmem Sonnenschein an einem Treffpunkt in Bacoli, im Herzen der Phlegräischen Felder, wo Busse die Bevölkerung aus der „Roten Zone“, dem Gebiet mit dem höchsten Vulkanrisiko, führen sollen. Freiwillige Mitarbeiter des Katastrophenschutzes erteilen der Bevölkerung Informationen über das Verhalten für den Fall eines Vulkanausbruchs, danach steigen die Teilnehmer an der großen Evakuierungsübung in die Busse. Sie werden nach Giugliano geführt, einer Stadt bei Neapel außerhalb des Risikogebiets. Von hier aus sollten dann die Evakuierten auf andere italienische Regionen verteilt werden.
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Derzeit gilt Stufe Gelb, wechselt sie zu Orange, wird empfohlen, das Gebiet zu verlassen. Bei Rot ist es Pflicht. Carmela Anzalone müsste gemäß dem Plan in die mittelitalienische Region Umbrien ziehen, sollte es wirklich zum Vulkanausbruch kommen. „Ich hoffe, dass dies nie vorkommen wird. Bacoli ist mein Zuhause und der Vulkan gehört dazu. Er ist Teil der Familie. Ich und meine Vorfahren sind hier geboren und ich will von hier nicht weg. Auch meine Töchter lieben Bacoli und wollen hier weiter leben“, betont Anzalone.
Evakuierung am Supervulkan: „Fester Glauben, dass uns nichts Böses widerfährt“
Die häufigen Bebenerschütterungen, die die magmatischen Bewegungen des Supervulkans verursachen, machen Carmela und ihrer Familie nicht besonders zu schaffen. „Als meine Töchter klein waren, habe ich bei Erdbeben nie erschrocken reagiert. So haben auch sie jetzt keine Angst davor. Wir sind nicht fatalistisch. Wir leben im festen Glauben, dass wir hierhergehören und uns nichts Böses widerfahren wird“, meint die Frau.
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Trotz ihrer positiven Einstellung denkt Anzalone, dass es ihre Pflicht als Bürgerin sei, sich an dem Evakuierungstest zu beteiligen. „Unser Bürgermeister und die Behörden der Region setzen sich stark für unsere Sicherheit ein. Daher ist es unsere Aufgabe als Bürger, uns genau zu erkundigen, wie wir uns im Fall einer Risikosituation verhalten sollen“, meint Anzalone. Sie selber hat Angehörige und Freunde ermutigt, sich an dem Test zu beteiligen. Die Übung nimmt sie gelassen hin, als wäre sie ein Ausflug mit Freunden.
Gute 40 Minuten fahren die Einwohner Bacolis mit dem Bus des Katastrophenschutzes bis zum Ort in Giugliano, an dem sie Auskunft über die Evakuierung aus der Region erhalten. Dies soll mit Bussen, Zügen und auch per Schiff erfolgen. Andere Personen wurden von den roten Zonen zum Bahnhof von Neapel geführt, einem der Eingangstore zur Vesuvstadt.
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Supervulkan bei Neapel fasziniert Forscher
Der Supervulkan bei Neapel fasziniert Forscher, ist aber für die halbe Million Menschen, die in seiner Nähe leben, und für die Regierung in Rom ein ständiges Fragezeichen. Die Erdkruste über dem Vulkanriesen wird immer schwächer, die magmatischen Bewegungen unter der Erde haben seit dem vergangenen Jahr stark zugenommen. Die Folge sind Erdbeben, die in dem Gebiet inzwischen an der Tagesordnung zu sein scheinen. Im Mai war das kräftigste Beben seit 40 Jahren gemessen worden – mit einer Magnitude von 4,4 auf der Richterskala. 1.500 Personen mussten ihre Häuser verlassen und leben inzwischen immer noch bei Bekannten, oder in Unterkünften, die ihnen die Gemeinde zur Verfügung gestellt hat.
„Wir sind bereit, mit der Gefahr des Supervulkans zusammenzuleben, wir sollten jedoch mehr Unterstützung für die Sanierung unserer Häuser erhalten, die an die modernsten antiseismischen Standards angepasst werden müssten. Wegen der Erschütterungen verschlechtert sich die Stabilität unserer Gebäude. Bis jetzt haben wir wenig Unterstützung von der Regierung erhalten. Die Gemeinde hat lediglich die Zahl der Fachleute aufgestockt, die sich um die Sicherheit der Gebäude kümmern“, sagt Carmela.
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Phlegräische Felder: Der einzige Ort, wo Evakuierungsmaßnahmen stattfinden
Der Bürgermeister von Bacoli, Josi Della Ragione, hat alle Hände voll zu tun. „Die Menschen signalisieren Interesse für den Evakuierungsplan, der nicht nur die Bevölkerung, sondern auch Schulen, Museen, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen betrifft. Die Phlegräischen Felder sind der einzige Ort in Italien, in dem Evakuierungsübungen konkret durchgeführt werden. Ich finde diese Initiative sehr nützlich. Denn die Sorge der Bevölkerung wegen der Erschütterungen, die sich in den letzten Monaten ereignet haben, verringert sich, wenn man weiß, wie man sich im konkreten Fall einer Gefahr verhalten soll“, betont der Bürgermeister.
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Katastrophenschutz-Chef Fabio Ciciliano ist mit dem Evakuierungstest zufrieden. „Die Beteiligung der Bevölkerung hat unsere Erwartungen übertroffen. Es waren viel mehr Bürger anwesend, als die, die sich auf unserer Website angemeldet haben. Alle beteiligten Gemeindeverwaltungen haben eine großartige Aufklärungsarbeit geleistet“, meint Ciciliano.
Der letzte größere Vulkanausbruch in den Phlegräischen Feldern war im Jahr 1538. Eine große Eruption vor 30.000 Jahren soll sogar zum Aussterben der Neandertaler beigetragen haben. Die Regierung in Rom hatte nach den Erdbeben im Mai neue Maßnahmen auf den Weg gebracht. So werden Gelder für Familien locker gemacht, die die Gegend verlassen wollen.
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