Berlin. Nach dem Teil-Einsturz der Dresdner Carolabrücke fragen sich viele: Wie marode sind Deutschlands Brücken? Der Sanierungsstau in Zahlen.
Nach dem Einsturz von Teilen der Carolabrücke in Dresden in der Nacht zu Mittwoch (11. September) laufen die Untersuchungen nach möglichen Ursachen für den Brückeneinsturz auf Hochtouren. Im Fokus steht unter anderem die Frage, in welchem Zustand sich die Dresdner Carolabrücke befand.
Berichten zufolge hätten derzeit Sanierungsarbeiten an der Brücke stattgefunden. Die dreigeteilte Carolabrücke wird seit 2019 saniert. Weitere Sanierungen seien demnach geplant gewesen. Dennoch ist es kein Geheimnis, dass Deutschland vielerorts mit maroden Brücken zu kämpfen hat.
Einsturz der Carolabrücke: Grünen-Politiker fordert mehr Einsatz für Instandhaltung
Nach dem Einsturz von Teilen der Carola-Brücke in Dresden fordert Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar mehr Einsatz für die Instandhaltung von Infrastruktur, auch auf Kosten des Neubaus. „Allein bei den Brücken in Bundeshand sind tausende sanierungsbedürftig, bei Städten und Gemeinden sieht es vielerorts nicht anders aus“, sagte Gelbhaar dieser Redaktion. Der Schwerpunkt müsse auf Sanierung und Erhalt dieser bestehenden Infrastrukturen liegen. „Das ist eine notwendige Entscheidung, selbst wenn dafür Neubauprojekte zurückstehen müssen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion.
Ein bundesweiter Sanierungsstau lässt das Risiko steigen, dass es aufgrund zu hoher Belastung zu Einstürzen kommt. Wie sieht die Lage bei Deutschlands Brücken aus?
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Brücken in Deutschland: So groß ist der Sanierungsstau
Schätzungen zufolge sind in Deutschland rund 16.000 Brücken sanierungsbedürftig. Laut offiziellen Zahlen und einer Studie gibt es bundesweit insgesamt rund 130.000 Brücken. Diese fallen in unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche.
- Der Bund ist demnach für etwa 40.000 Brücken zuständig, davon gelten 1600 als marode.
- In den Kommunen sind etwa 13.500 Brücken sanierungsbedürftig.
- In die Zuständigkeit der Deutschen Bahn fallen rund 25.000 Brücken, von denen rund 1000 als marode gelten.
Allein die Reparaturkosten für die Brücken des Bundes sollen bei rund 2,5 Milliarden Euro jährlich liegen. Fachleuten zufolge sind zahlreiche Brücken zu alt, Materialien sind zu verbraucht und die steigende Belastung durch Fahrzeuge setzt den Bauwerken zu. Die Brücken für die Bahnen und den Straßenverkehr sind demnach nicht für den zu schweren Lastverkehr entworfen worden. Die Statik der Brücken gerät an ihre Grenzen. Allein seit 1960 hat sich der Güterverkehr mehr als verdreifacht.
Autobahnbrücken: Untersuchung sieht Sanierungsbedarf doppelt so hoch wie Ministerium
Der Sanierungsstau sei zudem deutlich höher als vom Bundesverkehrsministerium (BMDV) dargestellt, das bemängelt unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). In einer aktuellen Untersuchung aus dem Juni hat der BUND die Zahlen des Bundesverkehrsministeriums ausgewertet. Demnach müssen gut 11.000 Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen saniert oder ersetzt werden. Ein Schwerpunkt sind demnach die über deutsche Autobahnen gespannten Brücken.
Das BMDV spricht laut der Untersuchung von 4000 Autobahnbrücken, die in den nächsten zehn Jahren saniert oder ersetzt werden müssen. Der BUND weist allerdings darauf hin, dass die vom Ministerium veröffentlichten Zahlen und Pläne sich nur auf rund 7000 Kilometer des deutschen Autobahnnetzes beziehen. Dieses sei aber mit 13.155 Kilometer fast doppelt so lang. Fazit der Studie: Im gesamten Autobahnnetz müssten nicht 4000, sondern 8.083 Brücken saniert oder ersetzt werden. Hinzu kämen mehr als 3000 sanierungsbedürftige Brücken an Bundesstraßen.