München/Berlin. Im Prozess um Körperverletzung ist Fußballstar Boateng nur verwarnt worden – ein milderes Urteil als erwartet. Das sind die Reaktionen.
Hohe Geldstrafe oder Freispruch – zwischen diesen Polen bewegten sich die Erwartungen vor dem Urteil im Prozess gegen Jérôme Boateng. Doch am Freitag hat das Landgericht München I den Fußballweltmeister nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung verwarnt. Das Gericht bestimmte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5000 Euro – also insgesamt 200.000 Euro, die Boateng aber nur bezahlen muss, sollte er sich noch einmal etwas zuschulden kommen lassen. Außerdem wurden Boateng Spendenzahlungen an gemeinnützige Einrichtungen in Höhe von insgesamt 100.000 Euro auferlegt. In Summe also nur ein Bruchteil von den 1,12 Millionen Euro Strafe, die die Staatsanwaltschaft gefordert hatte.
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Am Ende des hochemotionalen Prozesses sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich: „Wir haben hier nicht den schlimmen Frauenschläger, als der er ins Verfahren eingeführt wurde. Wir haben hier jemanden, der in einer Beziehung über Gebühr ausgerastet ist. Und für genau solche Fälle ist die Verwarnung mit Strafvorbehalt gemacht.“ Er habe sich einmal in einem Urlaub vor sechs Jahren falsch verhalten. Das Ganze sei aber auch im Rahmen einer „toxischen Beziehung“ zu Boatengs Ex-Freundin und Mutter der gemeinsamen, inzwischen 13 Jahre alten Zwillingstöchter zu sehen. Boateng habe sich in dem Verfahren „sehr geläutert“ gezeigt. Sein ganzes Leben sei durch das Verfahren beeinträchtigt worden.
Jérôme Boateng: Das warf ihm seine Ex-Partnerin vor
Es begann mit dem Karibik-Urlaub im Jahr 2018. Die Ex-Partnerin des Profi-Fußballers warf ihm vor, sie beleidigt und attackiert zu haben. Er soll eine Kühltasche und ein Windlicht nach ihr geworfen haben, allerdings sieht das Gericht diese Darstellung nicht als erwiesen an. Ebenso wenig einen Biss in den Kopf. Auch Boateng hatte die Vorwürfe stets bestritten. Die Kammer habe bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass es zu gegenseitigen Körperverletzungen gekommen sei und nicht alleine der Angeklagte die Geschädigte geschlagen habe, so Gerichtssprecher Laurent Lafleur.
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Dem Urteil vom Freitag war ein Marathon-Verfahren vorangegangen, das zwischenzeitlich kompliziert wurde: Zweimal wurde der ehemalige FC-Bayern-München-Star, der aktuell beim Linzer ASK in Österreich unter Vertrag steht, verurteilt. 2021 verhängte das Amtsgericht München eine Geldstrafe gegen Boateng: 60 Tagessätze zu je 30.000 Euro, also 1,8 Millionen Euro. Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 10.000 Euro – insgesamt 1,2 Millionen Euro.
Damit wäre der Fußball-Star vorbestraft gewesen. Doch seine Revision war erfolgreich, ebenso wie die der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage, also des mutmaßlichen Opfers. Das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil wegen durchgehender Rechtsfehler. Das Verfahren wurde deshalb neu aufgerollt.
Urteil noch nicht rechtskräftig – Revision weiter möglich
Carolin Lütcke, die Anwältin von Boatengs Ex-Freundin, zeigte sich mit dem nun gefällten Urteil zufrieden: „Für meine Mandantin war das Verfahren eine große Belastung, insbesondere angesichts dieser langen Verfahrensdauer von sechs Jahren.“ Sie habe mit der Anzeige großen Mut bewiesen und immer nur gewollt, dass die Schuld von Boateng festgestellt werde. „Das haben wir mit diesem Verfahren erreicht“, teilte sie dieser Redaktion mit. Besonders schwer wiege: „Herr Boateng hat es leider bis heute nicht geschafft, sich bei meiner Mandantin zu entschuldigen. Sie hofft sehr, dass im Sinne der Kinder ein neuer Weg gefunden wird und er Verantwortung für sein Handeln übernimmt.“ Auch Richterin Hemmerich sagte: „Die eigentlich Leidtragenden in diesem Prozess sind meiner Meinung nach die Kinder.“
Jérôme Boateng sei unendlich erleichtert, „dass dieser jahrelange Albtraum nun endet“, so sein Berater Thomas Knipp gegenüber dieser Redaktion. Er möchte sich jetzt auf die Familie und den Fußball konzentrieren. Beim letzten Prozesstag bedankte sich Boateng in seinem Schlusswort beim Gericht dafür, dass es sich „endlich ein Gesamtbild des Vorfalls“ gemacht habe. Er deutete an, dass er durchaus noch hätte weiter ausholen können, sagte aber, er sei „auch müde und möchte das nicht“. Er wollte, so sagte er, nicht als Opfer dastehen. „Ich habe mehrfach gesagt, dass ich auch Fehler gemacht habe.“ Seine Entschuldigung gelte seinen Kindern. Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Ob Staatsanwaltschaft, Verteidigung oder Nebenklage weiter Rechtsmittel einlegen wollen, ist noch offen.
(mit dpa/afp)