Berlin. Immer wieder tauchen Wale in der Nordsee auf. Nun wurde dort ein außergewöhnlicher Gast gesichtet, der Forschenden Hoffnung macht.

Tierliebhaber aufgepasst: In der deutschen Nordsee ist derzeit ein Buckelwal zu sehen. Die Tiere sind dort nicht heimisch, insofern bietet sich – eine gewisse Ausdauer bei der Suche vorausgesetzt – eine fast einmalige Gelegenheit. Es handelt sich offenbar um ein jüngeres Exemplar, das der Besatzung eines Vermessungsschiffes Ende Juni vor die Linse schwamm.

Thea Hamm, zuständig für Meeressäuger bei der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer in Wilhelmshaven, sagte: „Das sind ganz seltene Gäste in der Deutschen Bucht.“ Mehrere Medien hatten zuvor über die Sichtung berichtet.

Buckelwale werden 12 bis 15 Meter lang und können bis zu 30 Tonnen wiegen. Sie leben in polaren Meeren und ziehen zum Kalben bis in tropische Gewässer. „Dafür müssen sie hin- und herwandern“, sagte Hamm. Die genauen Routen seien nicht bekannt, meistens würden die Wale etwa von Island und Norwegen aus westlich entlang der britischen Inseln ziehen.

„Jungtiere probieren mehr aus als ausgewachsene Tiere“, sagte die Biologin. Möglicherweise sei das Jungtier für eine andere Route durch die Nordsee „abgebogen“.

Forscher wollen mehr über Wale in der Nordsee wissen

Tatsächlich waren Wale einst im Wattenmeer heimisch; Verfolgung, wirtschaftliche Nutzung und Verschmutzung haben die Tiere aber vertrieben. Einige geschützte Arten kehren nun zurück, etwa die Kegelrobbe, die mit 300 Kilogramm Lebendgewicht das größte Raubtier Deutschlands ist.

Der wesentlich größerer Rückkehrer ist freilich der Buckelwal. Laut der Schutzstation Wattenmeer treten Einzelexemplare seit 2003 fast jährlich an der niederländischen Küste auf. Die Tiere fischen dort nach Heringen und Sprotten.

Walbeobachtung
Die Schwanzflosse eine Buckelwals ragt aus dem Wasser. © DPA Images | Silvia Izquierdo

Auch in deutschen Gewässern drehen die Giganten wieder ihre Runden, zuletzt etwa vor rund sechs Wochen. Wissenschaftler des Bundesamts für Naturschutz untersuchen zurzeit in einem Forschungsprojekt, wie verbreitet Wale in der Nordsee sind.

Von einem Schiff aus registrierten die Experten einer Mitteilung zufolge Dutzende Sichtungen von Minkwalen, Schweinswalen und auch die eines Buckelwals. Das Gebiet, das die Forscher untersuchen, die Doggerbank, liegt allerdings weiter in der zentralen Nordsee – etwa 250 Kilometer vor Helgoland.

Buckelwale werden immer mal wieder vor den deutschen Küsten gesichtet. Anfang April erregte etwa ein Tier an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste Aufsehen. Damals drehte der Wal Runden in der Flensburger und Kieler Förde. Experten des Naturschutzbundes Nabu gingen davon aus, dass wohl Heringsschwärme den Wal an die Ostseeküste gelockt hatten.

Buckelwal könnte dauerhaft zurückkehren

Im Winter 2012 war zudem ein zwölf Meter großer Buckelwal auf einer Sandbank vor der Insel Texel im flachen Wattenmeer gestrandet und trotz aller Rettungsbemühungen gestorben. Dennoch sind die Experten von der Schutzstation Wattenmeer vorsichtig optimistisch. Es sei gut möglich, schreiben sie, „dass dieser Großwal, der geschickt im Flachwasser navigieren und jagen kann, das Wattenmeer wieder als Lebensraum erobert“.

Maßnahmen wie fischereifreie Schutzgebiete mit reichen Fischschwärmen „wären sicher eine Hilfe“, genauso wie die Vermeidung von Unterwasserlärm und Fischnetze, in denen die Tiere sich nicht verfangen können.

Der Buckelwal zeigt dabei, wie konsequenter Schutz eine Art vor dem Aussterben retten kann. Die Tiere waren bis 1986 auf einen Restbestand von fünf Prozent zusammengeschossen worden. Jetzt „erholt sich die Art erfreulicherweise“, schreibt die Schutzstation.

pcl/mit dpa