Berlin. Paare schaffen für vieles Zeit, doch nur selten für Sex. Dabei kann Sex nach Plan mit einem Trick Spannung in die Beziehung bringen.
- "Heute nicht, Schatz! Ich bin so müde" - Diesen Satz hat wohl jeder schon mal von seinem Partner gehört
- Dass der Sex mit den Jahren und mit der gestiegenen Anzahl der Verpflichtungen abnimmt, ist keine Seltenheit
- Sex nach Kalender kann dabei helfen, dem Liebesleben wieder auf die Sprünge zu helfen. Wie funktioniert das?
Viele Langzeit-Paare kennen es: Mit den Jahren wächst zwar die Vertrautheit innerhalb der Partnerschaft, aber die Zärtlichkeiten werden weniger. Grund dafür ist oft nicht der fehlende Wille, sondern die vermeintlich fehlende Zeit. Stress auf der Arbeit, Hausaufgabenbetreuung oder das Fußballtraining der Tochter – all diese Dinge nehmen im Alltag so viel Raum ein, dass die Romantik auf der Strecke bleibt. Wie lässt sich das ändern?
Jana Welch ist Sexologin aus Hamburg. Sie sagt: "Ich sehe eine erfüllte Sexualität als Kleber der Beziehung." Körperliche Berührungen sorgen für einen Ausstoß von Oxytocin und Serotonin – positive Botenstoffe, die die Bindung verstärken. Je mehr wir uns gegenseitig berühren, desto höher ist unser Oxytocin-Ausstoß. Deshalb sei es wichtig, sich Zeit für Zweisamkeit zu nehmen.
"Wenn ein Paar nur noch kuschelt, wie in einer WG gemütlich auf dem Sofa sitzt und die Füße des Anderen berührt, kann das auf Dauer womöglich nicht genügen", so die Expertin. Deshalb müsse man immer wieder schauen: Wann ist es einfach nur kuschelig und wie können wir für mehr Erotik sorgen?
Intimität nach Kalender: Paare sollten sich Zeit für Sex nehmen
Aus ihrer Erfahrung weiß Jana Welch: Paare schaffen sich für vieles Raum, aber nicht für körperliche Nähe oder Intimität. Das sei jedoch wichtig, um eine erfüllte Sexualität leben zu können. Wir tragen alles in unseren Kalender ein: Geburtstagsfeiern, Theaterbesuche, Arzttermine oder Spielverabredungen der Kinder, nur Sex mit dem Partner findet dort keinen Platz.
Doch es kann sehr bereichernd sein, sich aktiv Freiräume für Zweisamkeit zu schaffen. Dabei muss es nicht zwingend um Penetration gehen – sondern darum, sich bewusst Zeit für Körperlichkeiten zu nehmen und Alltagsthemen wie den Hausbau oder den Kauf eines neuen Autos bewusst zur Seite zu schieben.
Viele Menschen fürchten, dass die Romantik verloren geht, sobald man sich für Sex eine Notiz in den Kalender schreibt. Über solche Befürchtungen muss Jana Welch innerlich schmunzeln, sagt sie, und liefert gleich eine passende Antwort für alle Kritiker mit: "Eine Affäre ist doch wahnsinnig aufregend, oder? Und wie funktionieren Affären? Indem man sich zum Sex verabredet. Da fragt keiner nach, ob die Romantik verloren geht."
Sex nach Plan: Wie Sie wieder Aufregung in Ihre Beziehung bringen
Wer versucht, das Aufregende und Geheimnisvolle einer Affäre in seine Beziehung zu übertragen, könnte überrascht werden. "Es geht immer wieder darum: Wie gestalte ich das Ganze?", so die Expertin. So könne zum Beispiel jeden Mittwochabend im Wechsel ein Part zum Regisseur des Abends werden und die Planung übernehmen. Die Möglichkeiten sind vielfältig und können von einer Massage bis zu einer Textnachricht gehen, in der nur ein GPS-Standort steht.
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Wichtig ist: Wer gestaltet den Abend und wie? Wo sind die Kinder? Was braucht das Paar, um in eine erotische Stimmung zu kommen? Geht man ins Hotel oder trifft man sich an einem anderen Platz? Wer Sexualität leben möchte, brauche ein ganz klares Ja im Kopf. Ja zur Sexualität. Wenn ein Part das nicht hat und schon mit der Einstellung in den Abend geht, dass er eigentlich gar keine Lust hat, dann wird auch keine Stimmung aufkommen.
Eine Kollegin von Jana Welch habe das mal das "Party-Prinzip" genannt. "Wenn ich zu einer Party eingeladen bin und eigentlich keine Lust habe, muss ich mich entscheiden: Gehe ich trotzdem hin, stelle mich lustlos in die Ecke und kritisiere an allem rum? Oder ziehe ich mich an, gehe zu der Party, fange an zu tanzen, probiere einen neuen Drink und merke, dass es dort vielleicht doch ganz schön ist?", erklärt sie. Alles sei Einstellungssache.
Sex nach Kalender: Wieviel Sex ist normal?
Wie viel Sex ein Paar braucht, um zufrieden zu sein, ist natürlich individuell. Da gibt es keine Faustregel. Wichtiger als die Quantität ist die Qualität. Häufiger Sex sorgt laut der Sexologin nicht dafür, dass ein Paar eine glückliche, erfüllte Sexualität lebt.
Stattdessen gehe es um die Fragen: Wie gut gefällt der Einzelperson die sexuelle Aktion? Wie glücklich und erfüllt bin ich? Wie gesehen fühle ich mich? Wie angenommen fühle ich mich? Wie intim ist die Begegnung? Viele Paare würden sich im Alltag beispielsweise gar nicht mehr mit der Zunge küssen – dabei könne auch das Lust auf mehr machen. Ihr Tipp: "Machen Sie alles in Slow Motion. Lassen Sie sich Zeit." Gerade in Beziehungen, wo die Zeit fehlt, kann eine feste Verabredung deshalb Sinn machen.
Mit Sex sei es wie mit Sport: Man gewöhnt sich an Sexlosigkeit. Wenn man dann aber die Kurve kriegt, merkt man erst, wie gut es einem tut. "Je mehr Sex ich habe, desto mehr Lust habe ich", sagt Welch und betont noch einmal, dass es nicht um Penetration geht, sondern um das Auflebenlassen des Funkens. Es sei wichtig, bei einer Flaute nicht aufzugeben und sich nicht damit abzufinden, dass Sex in der Beziehung keine Rolle mehr spielt.
Jeder Mensch kann sich verändern – und damit auch jedes Paar.