Berlin. Ägypten grenzt ans Kriegsgebiet in Gaza und im Roten Meer beschießen Huthis Schiffe. Was Urlauber vor einer Reise wissen sollten.

Ägypten ist das Traumland vieler Reisender. Pyramiden, riesige alte Tempel, Salzseen, Oasen und die Wüste. So sieht es auch auf dem TikTok-Profil einer Reise-Bloggerin aus Barcelona aus, die im Dezember eine Reise nach Ägypten gemacht hatte. Nur eines der Videos wirkt dabei wie ein Realitäts-Check. Aus dem Fenster ihres Fliegers zurück von Marsa Alam nach Europa sieht sie am dunklen Nachthimmel blitzartige Lichter aufleuchten. In dieser Richtung liegt Gaza, die Lichter sind explodierende Bomben.

Der Gazastreifen grenzt an die ägyptische Sinai-Halbinsel. Viele Reisende, die einen Urlaub in Ägypten geplant oder schon gebucht haben, fragen sich jetzt berechtigterweise, ob ihr Vorhaben in der aktuellen Lage und der Nähe zum Kriegsgebiet sinnvoll ist.

Ein Friedhof, auf dem Verstorbene der Luftangriffe der vergangenen Tage begraben sind, liegt neben den Zeltstädten der Grenzstadt Rafah am südlichen Ende des Gazastreifens.
Ein Friedhof, auf dem Verstorbene der Luftangriffe der vergangenen Tage begraben sind, liegt neben den Zeltstädten der Grenzstadt Rafah am südlichen Ende des Gazastreifens. © AFP | SAID KHATIB

Den Norden und Osten Sinais aber besuchen eher selten. Ebenso wenig Ägypter, die dort schlichtweg nicht leben. Mehrere Sicherheitscheckpoints liegen zwischen Kairo und Rafah, die nur mit Genehmigung passiert werden können.

Der Sinai ist immer wieder von Terrorismus betroffen, ab 2013 herrschte jahrelang ein regelrechter Krieg zwischen einem Ableger des Islamischen Staats und der ägyptischen Armee. Das Auswärtige Amt warnt daher vor Reisen in den Norden des Sinai. Doch das ist nichts Neues. „Seit vielen Jahren schon gibt es eine Teilreisewarnung des Auswärtigen Amtes für das ägyptisch-israelische Grenzgebiet mit Ausnahme der Region Taba. Die allermeisten Touristen reisen in die Urlaubsorte am Roten Meer“, sagt Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV).

Urlaubsziel Rotes Meer: Angst vor Raketen der Huthis

Auch bei Aufenthalten im touristischen Süden der Halbinsel, etwa im bekannten Urlaubsort Scharm El-Scheich am Roten Meer, sollten keine „unbegleiteten, individuellen Ausflügen und Überlandfahrten“ unternommen werden, so das Auswärtige Amt. Davon haben sich deutsche Urlauber in der Vergangenheit nicht abschrecken lassen.

Im Gegenteil: Ägyptens klassische Reiseziele werden immer beliebter und gehören in diesem Winter und auch im Sommer zu den Top-Urlaubsorten, so Schäfer. Das zeigen auch die Zahlen. Im Vergleich zum Vor-Corona-Winter 2018/2019 konnte Ägypten seinen Marktanteil in Deutschland um 52 Prozent steigern. Diesen Eindruck bestätigt eine Sprecherin des Reiseunternehmens TUI: „Generell können wir sagen, dass die Buchungen für die kommenden Monate in Ägypten über denen des Vorjahrs liegen.“

Das Rote Meer ist wegen seiner Korallenriffen bei Tauchern und Schnorchlern beliebt. Bunte Fische, Schildkröten und Delphine lassen sich hier gerne blicken.
Das Rote Meer ist wegen seiner Korallenriffen bei Tauchern und Schnorchlern beliebt. Bunte Fische, Schildkröten und Delphine lassen sich hier gerne blicken. © Shutterstock / Vlad61 | Vlad61

Das Rote Meer ist für viele Touristen, ob Ausländer oder Ägypter, ein beliebtes Reiseziel. Insbesondere in den Wintermonaten hat es an Orten wie Hurghada oder Marsa Alam Temperaturen bis zu 25 Grad. Vom Strand aus können Badende hier oft Frachtschiffe sehen, die nach Norden in Richtung Suezkanal unterwegs sind oder von dort kommen.

Zwar hatten in den vergangenen Wochen immer wieder Huthis aus dem Jemen Schiffe auf diesem global bedeutenden Handelsweg beschossen. Die USA attackierten daraufhin Stellungen der Miliz. Auch Deutschland schickte jetzt im Rahmen eines EU-Einsatzes die Fregatte „Hessen“ zur Sicherung der Schifffahrt im Roten Meer los. Jedoch liegen die Orte der Attacken auf Handelsschiffe weit von den ägyptischen Urlaubsorten entfernt.

Verteidigungsminister  Boris Pistorius (SPD) besucht die Fregatte „Hessen“, kurs bevor sie zu ihrem Einsatz im Roten Meer aufbricht.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) besucht die Fregatte „Hessen“, kurs bevor sie zu ihrem Einsatz im Roten Meer aufbricht. © DPA Images | Michael Fischer

Experte: „Ägypten hundert Prozent sicher“

Auch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage liegt in Ägypten viel Hoffnung auf dem Tourismus. Das Alte Ägypten ist dabei eine der Hauptattraktionen. Zu deren internationaler Popularität auch der wegen seiner Netflix-Filme bekannte Archäologe Zahi Hawass beiträgt. „Ägypten ist zu hundert Prozent sicher!“, sagt Hawass zur Gruppe amerikanischer Touristen, denen er die Pyramiden von Gizeh zeigt. Teilnehmer dieser Reisegruppe haben selbst mitten im Gaza-Krieg Kosten von bis zu 13.000 US-Dollar pro Person für eine vierzehntägige Ägyptenreise nicht gescheut. Auch für Januar und Februar sind die Touren mit dem hochkarätigen Ägyptologen ausgebucht.

Ägyptologie: Napoleon fand ihn in Ägypten – Streit um den Rosetta-Stein

Laut dem ägyptischen Ministerium besuchten 2023 rund 14,9 Millionen Touristen das Land. Das liegt trotz des Krieges im Nachbarland sogar über dem bisherigen Rekordjahr 2010. Auch im letzten Quartal 2023 lagen demnach die Besucherzahlen um 8 Prozent höher als im Vorjahr.

Fakt ist aber auch: Ägypten ist ein autoritär geführter Staat. Demonstrationen sind fast vollständig verboten, in der Vergangenheit schossen ägyptische Sicherheitskräfte immer wieder auf Teilnehmende von Protesten. Dementsprechend rät das Auswärtige Amt, sich von Demonstrationen, die häufig direkt im Anschluss an das Freitagsgebet stattfinden, fernzuhalten. Die Polizei ist im öffentlichen Raum sehr präsent.

„Die Sicherheitsvorkehrungen in Ägypten sind auf einem sehr hohen Niveau“, sagt Schäfer vom DRV. Und das Auswärtige Amt stuft die allgemeine Sicherheitslage im Land als „stabil“ ein. Fazit: Reisen nach Ägypten sind derzeit durchaus möglich. Allerdings sollten Urlauber die Hinweise des Auswärtigen Amts berücksichtigen, sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut machen und sich über die politische Lage im Land informieren.