Berlin. Ein Wildschwein hat in Stuttgart einen Rentner verletzt. Ein Fachmann erklärt, wie man sich in so einer Situation verhalten sollte.
Ein unheilvolles Rascheln im Unterholz, ein wütendes Schnauben. Plötzlich steht ein Wildschwein vor Ihnen und funkelt Sie an – und schon haben Sie die Sauerei. Denn: Greift das Tier an, aus welchem Grund auch immer, kann das richtig gefährlich werden. Prellungen gehören da noch zu den harmloseren Verletzungen. Das kommt allein schon durch das Gewicht eines Wildschweins, das bis zu 200 Kilogramm schwer werden kann.
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Am vergangenen Wochenende erst wurde ein 77-jähriger Rentner in Stuttgart von einer Wildsau angegriffen und gebissen. Der Mann musste aufgrund seiner Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden, die Sau entkam unbehelligt und konnte bisher nicht gefunden werden. Die Ursache für den Angriff ist noch ungeklärt. Doch wie sollte man sich bestenfalls verhalten, wenn man einem Wildschwein oder gar einer ganzen Rotte begegnet? Das erklärt Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdverbandes, im Interview.
Aus welchen Gründen greifen Wildschweine Menschen an?
Torsten Reinwald: Wildschweine greifen grundsätzlich nur sehr selten Menschen an. Ist das der Fall, sind es meist weibliche Tiere, die sogenannten Bachen, die ihren Nachwuchs gefährdet sehen. Vor allem im städtischen Bereich kann das vorkommen. Die Tiere haben hier nur eine sehr kleine Fluchtdistanz, weil sie leider gefüttert werden (heißt: die Tiere akzeptieren Menschen in ihrer Nähe, Anm. d. Red.). Fühlen sich die Tiere dann in die Enge getrieben, neigen sie eher zu Angriffen. Ansonsten greifen Wildschweine nur an, wenn sie verletzt sind.
Wie oft werden Menschen attackiert?
Reinwald: In Berlin zum Beispiel kommt es regelmäßig vor, betroffen sind dabei vor allem Hundebesitzer. Hunde sind die direkten Nachfahren des Wolfes, weshalb die Wildschweine da teilweise sehr aggressiv reagieren. Besonders gefährlich ist die Zeit ab Ende Januar bis in den April hinein, wenn die Bachen gerade Frischlinge bekommen haben.
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Verhalten sich die Wildschweine in der freien Natur weniger aggressiv?
Reinwald: Im Wald oder auf freiem Feld haben die Tiere ganz andere Rückzugsmöglichkeiten und eine natürliche Scheu. Sie riechen den Menschen auf eine Entfernung von bis zu 200 Metern und sind meist verschwunden, bevor wir sie überhaupt wahrnehmen.
Wie erkenne ich, ob mich ein Wildschwein angreifen will?
Reinwald: Bevor es zu so einem Angriff kommt, gibt es eindeutige Warnsignale. Das erste Anzeichen: Das Wildschwein bläst laut Luft aus der Schnauze heraus oder stellt seinen Pürzel steil nach oben auf. Und als wirklich allerletztes Warnzeichen schlägt das Wildschwein die Eckzähne gegeneinander. Das erzeugt dann ein lautes Knallen.
Wildschwein-Angriff: So verhält man sich am besten
Wie sollte man sich verhalten, wenn man ein Wildschwein in freier Wildbahn sieht?
Reinwald: Vermeiden Sie auf jeden Fall Überraschungen. Machen Sie sich bemerkbar. Klatschen Sie in die Hände. Dann rennt das Wildschwein meist von selbst davon.
Was sollte man tun, falls man angegriffen wird?
Reinwald: Ein Wildschwein, das auf Krawall gebürstet ist, fixiert sein Opfer erstmal. Dann ist es ratsam, sich groß zu machen oder ganz langsam den Rückzug anzutreten. Man sollte aber auf keinen Fall rennen. Das triggert beim Wildschwein den Drang, sein Opfer zu verfolgen und zu attackieren. Und da Wildschweine bis zu 50 Kilometer pro Stunde schnell werden können, zieht der Mensch in der Regel den Kürzeren.
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Wie gefährlich können solche Attacken sein?
Reinwald: Wildschweine hauen mit dem Kopf pendelartig um sich. Da sie eine unglaubliche Kraft im Oberkörper haben, kann das zu Knochenbrüchen oder schweren Prellungen führen. Männliche Wildschweine haben außerdem rasiermesserscharfe Hauer. Wenn sie damit eine der lebenswichtigen Hauptschlagadern im Oberschenkel treffen, kann das im schlimmsten Fall sogar tödlich enden.
Ganz wichtig ist aber: So eine Attacke ist für Wildschweine wirklich die letzte Option. Normalerweise führen sie eher Scheinangriffe durch, rennen auf ihre Opfer zu und bleiben kurz davor stehen.