Bochum. Die Grippesaison nimmt an Fahrt auf. Seit dem Jahreswechsel steigen die Zahlen. Der Trend ist ein anderer, als noch vor einem Jahr.

Maske tragen in der Öffentlichkeit? Machen die allerwenigsten. Doch nun könnte es empfehlenswert sein, um andere zu schützen - oder eben sich selbst: Die Grippe-Saison nimmt an Fahrt auf. Das zeigen die jüngsten Zahlen des Landeszentrums Gesundheit (LZG) NRW.

Seit Anfang Dezember haben sich die gemeldeten Influenza-Fälle in NRW pro Woche nahezu verdoppelt und sind jetzt vierstellig. Doch weil längst nicht alle mit Grippe auch zum Arzt gehen, geht man beim LZG von einer nicht unbeträchtlichen Dunkelziffer aus. Was die aktuellen Daten zeigen: Der Verlauf gleicht sich offenbar wieder dem Bild vor der Pandemie an.

Influenza in NRW: Zahlen steigen seit einige Wochen deutlich

Rückblick: Die vergangene Grippesaison war die stärkste in NRW seit Jahren. Mehr als 42.000 Erkrankte wurden im Winterhalbjahr 2022/23 gemeldet. Ungewöhnlich war vor einem Jahr unter anderem „die Länge der Saison“, wie Prof. Ulf Dittmer, gegenüber diese Zeitung bilanzierte, Chef-Virologe am Uniklinikum Essen: „Beide Varianten des Grippevirus, Influenza A und B, waren vertreten und zwar nacheinander“, sagte Dittmer: „Erst gab es schon ungewöhnlich früh viele Influenza B Fälle und dann später ungewöhnlich lang Influenza A Fälle“ - noch bis in den vergangenen April hinein.

Aktuell ist die Lage anders: Viren des Influenza-Typs A sind deutlich vorherrschend, soweit es die Daten zeigen, liegt der Wert zehn Prozentpunkte höher als im vergangenen Winter. Anders ist auch: Die Grippe-Zahlen steigen erst seit Anfang Dezember deutlich an, auf zuletzt stets etwas mehr als 1000 registrierte Fälle je Woche in NRW.

Grippesaison 2023/24: Bis dato 5511 gemeldet Grippe-Fälle in NRW

In der laufenden Influenza-Saison wurden in NRW bis zum Ende der zweiten Kalenderwoche dieses Jahres insgesamt 5511 Erkrankte erfasst. Damit liegen die aktuellen Fallzahlen bereits über den Gesamtzahlen der Saison 2014/15 und knapp unter denen aus dem Winter 2015/16. Gezählt werden die Zahlen ab der 40. Kalenderwoche eines Jahres bis zur 15. Kalenderwoche des Folgejahres.

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Dass im vergangenen Winter so viele Menschen Husten, Schnupfen und/oder Fieber hatten, lag an einem „Nachholeffekt“, wie Carsten Watzl, Immunologe an der TU Dortmund, zum Beginn der jetzigen Grippesaison erklärte: „Bei vielen Viren haben wir Immunität für ein paar Jahre, wenn wir eine Infektion durchgestanden haben. Durch die Schutzmaßnahmen während der Pandemie haben viele diese Immunität nicht aufgefrischt, da sie keinen Erregerkontakt hatten.“ In diesem Winter dürften viele besser gewappnet sein gegen Ansteckung mit oder massive Erkrankung an Grippe, meinte Watzl.

Bisher acht Grippe-Tote in NRW - soweit sich das festlegen lässt

Im Vergleich zur Vorsaison liegen die Grippe-Zahlen noch deutlich zurück, zeigen die LZG-Daten. „In den Jahren vor der COVID-19-Pandemie erreichte die Grippewelle für gewöhnlich ihr Maximum erst im Februar/März“, erklärt einen Sprecherin auf Anfrage. Vieles deute deshalb „auf eine ‚Normalisierung‘ des zeitlichen Verlaufs der Grippewelle hin“, sagt sie: „Wie hoch die Spitzenwerte der Welle in dieser Saison ausfallen werden, kann aktuell nicht seriös vorhergesagt werden.“

Tödlich war die Grippe, soweit es im Totenschein genannt ist, in der aktuellen Saison bisher für neun Menschen in NRW. Davon waren acht über 60 Jahre alt, heißt es beim LZG. Allerdings weist man beim LZG darauf hin, dass die Influenza „aus verschiedenen Gründen häufig nicht als Todesursache eingetragen wird, sondern stattdessen zum Beispiel eine bakterielle Lungenentzündung oder eine vorbestehende Grunderkrankung wie Diabetes oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, die die Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Krankheitsverlaufs erhöht.“ Zudem werden Tote häufig nicht auf Influenza-Viren untersucht, oder diese Viren lassen sich nicht mehr nachweisen, sagt die Sprecherin.

Statistik: Mehr Patienten mit Grippe im Krankenhaus

Die Hospitalisierungsrate bei Grippe liegt derzeit höher als im vergangenen Winter, wo sie laut LZG „auffallend niedrig war.“ Auffällig hoch sei sie derzeit jedoch nicht, sagt die Sprecherin. Von knapp 4000 Personen, zu denen es aktuell Daten gibt, sind oder waren knapp 45 Prozent so krank, dass sie im Krankenhaus behandelt werden oder wurden. Das liege etwa zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Winter. In der vergangenen Saison gabs mit 30,14 Prozent einen deutlichen Ausreißer nach unten.

Dass derzeit vermehrt Kinder bis zum Grundschulalter erkranken, sei bei Grippe nicht ungewöhnlich, sagt die LZG-Sprecherin. Die Altersverteilung „ist stark durch die zirkulierenden Viren beeinflusst.“ Einige Stämme würden Kinder mehr treffen, andere eher ältere Menschen, erklärt sie.

Grippe-Impfung macht auch jetzt noch Sinn

So kritisch Impfungen seit Corona von manchen bewertet werden: Sich gegen Grippe impfen zu lassen, wird allgemein auch jetzt noch empfohlen, vor allem Älteren. Selbst im Januar kann das noch sinnvoll sein, weil der Höhepunkt der Saison in Februar und März erwartet wird: „Zehn bis 14 Tage nach Impfung ist der Impfschutz vollständig aufgebaut“, sagt die Sprecherin des LZG. Die Grippe-Impfung schützt nicht vor Ansteckung, kann aber Erkrankungen milder verlaufen lassen. Laut der Deutschen Apothekerzeitung schützten Grippeimpfstoffe vor allem Kleinkinder gut, bei Älteren sei die „Impfeffektivität“ geringer, aber nicht wirkungslos.

Unterdessen zeigt sich auch in NRW, dass sich Corona-Ansteckungen derzeit abschwächen. Dies ergibt sich aus Meldezahlen, die z.B. noch in Krankenhäusern erfasst werden und den Daten aus dem inzwischen praktizierten Abwassermonitoring bei uns. Weit verbreitet sind zudem Atemwegserkrankungen, neben Influenzaviren sind das RS-Viren und verschiedene Rhinoviren, die Erkältungen verursachen. Ihnen allen ist gleich: Das Tragen einer Schutzmaske kann vor Ansteckung sehr effektiv schützen.

(dae)