Berlin. Der Weihnachtsmarkt ist beliebt, gehört zu unserer Kultur. Aus den Innenstädten ist er nicht wegzudenken – der Grund dafür ist düster.
Weihnachtsmärkte gehören zu Deutschland wie das Baguette zu Frankreich. Die Welt beneidet uns um diese Tradition: um Glühwein, Weihnachtslieder, Kunsthandwerk, Bratwurst oder um die wunderbaren würzigen Düfte in der Luft. Deutsche Gemütlichkeit eben. Eigentlich seltsam, dass die Märkte anders als das Sternsingen nicht zum Unesco-Weltkulturerbe gehören.
Die Märkte haben weltweit ihre Fans. In amerikanischen Reiseportalen kann man – ab 2650 Dollar – eine achttägige deutsche Weihnachtsmarkttour buchen: von Frankfurt über Nürnberg, Weimar und Dresden nach Berlin.
In Chicago gibt es einen „Christkindlmarket“. Einer der profiliertesten Experten kommt aus den USA. Der Historiker Joe Perry von der Georgia State University in Atlanta schrieb das Buch „Christmas in Germany“. Es ist die Geschichte eines Exportschlagers.
Bundesweit gibt es etwa 2500 Weihnachtsmärkte, die alljährlich Millionen Besucher anlocken. 58 Prozent der Befragten in einer Umfrage des Portals „Statista“ erklärten erst im Oktober, Weihnachtsmärkte gehörten zu Deutschland. 47 Prozent gaben an, sie freuten sich darauf. Die Zustimmung ist ungleich größer als in den USA, Großbritannien oder in Frankreich.
Beliebt, aber auch verbannt und instrumentalisiert
Weihnachtsmärkte haben eine Jahrhunderte alte Tradition – bis ins Mittelalter. Der Dresdner Striezelmarkt öffnete erstmals nur einen Tag lang am Heiligabend des Jahres 1434. Vom Nürnberger Christkindlesmarkt wird angenommen, dass seine Anfänge bis Mitte des 16. Jahrhunderts reichen.
Beliebt waren sie immer. Nur nicht bei jedem. Im 19. Jahrhundert beschwerten sich Polizisten über die Massen von Arbeitern auf Weihnachtsmärkten. Geschäftsleute in den Innenstädten starteten Kampagnen gegen die (Billig)Konkurrenz. Sie erreichten immerhin, dass die Märkte zu Weihnachten an die Stadtränder verdrängt wurden.
Wie der Weihnachtsmarkt wieder ins Zentrum rückte
Der Nürnberger Christkindlesmarkt musste zwischen 1898 und 1933 mehrmals umziehen, erst vom Hauptmarkt auf die Insel Schütt in der Pegnitz, von dort ins Gewerbemuseum und in den 20er Jahren ins Verkehrsmuseum. Erst 1933 kam er wieder zurück in den angestammten Platz, der schon bald nicht mehr Hauptmarkt hieß, sondern „Adolf-Hitler-Platz“.
Der damalige NS-Bürgermeister Willy Liebel begründete die Verlegung damit, dass dadurch die „undeutschen, fremdrassigen Einflüsse bekämpft werden, die die Verlegung einst durchgesetzt haben“. Nürnberg ist nur das prominenteste Beispiel dafür, wie die Nazis Weihnachten instrumentalisierten und damit auch die traditionellen Märkte.
Das Reichsministerium unterstützte viele Weihnachtsmärkte, und wie in Nürnberg rückte der Berliner Markt 1934 ins Zentrum der Stadt. Nazi-Größen wie Hermann Göring und Joseph Goebbels nutzten ihn als Bühne für propagandistische Reden. Diese düstere Geschichte des Weihnachtsmarktes ist den wenigsten heutigen Besuchern bekannt.