Berlin. Doreen Lämmel besucht als Weihnachtsengel Familien und Events. Über Geschenke, die gut ankommen, und Anlässe, die sie traurig machen.
Die meisten Leute wollen an Weihnachten einen Weihnachtsmann. Deswegen musste ich mir als Weihnachtsengel ein besonderes Programm überlegen: Ich forme Luftballons zu Tieren oder präsentiere den Familien Zaubertricks. Bei Weihnachtsfeiern moderiere ich, schminke die Kinder, bringe Feen- oder Engelkostüme mit und überreiche ihnen anschließend Erinnerungsfotos. Und manchmal bin ich sogar im Fernsehen oder treffe Promis.
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Um die Jahrtausendwende war ich zum Beispiel die Weihnachts-Assistentin von Sonja Zietlow in ihrer damaligen Talkshow in Hamburg. Dort habe ich die Geschenke ins Studio gebracht und mit einem Weihnachtsmann verteilt. Das Publikum musste dann erraten, wer unter dem Kostüm steckt: Es war Richterin Barbara Salesch.
Diese Promis habe ich als Weihnachtsengel schon getroffen
Später habe ich beim MDR Bodypaint mit Weihnachtsmotiven gemalt, war Kleindarstellerin in den Schlager-Weihnachtssendungen und sogar gleich mehrere Male im „Tatort“ – allerdings als Polizistin. Die meisten Promis aber treffe ich, wenn ich als Weihnachtsengel im Einkaufszentrum auftrete. Dazu gehören auch echte Superstars.
Eines meiner schönsten Erlebnisse war, als ich den Schlagersänger Heintje im Einkaufszentrum in Grimma (Sachsen) getroffen habe. Er sang dort Weihnachtslieder und gab eine Autogrammstunde, ich war als Weihnachtsengel dabei. Auch als Helene Fischer im Pep-Markt in Grimma aufgetreten ist, war ich Hilfsengel. Damals war sie allerdings noch nicht so bekannt wie heute.
Auch im Sommer trete ich auf – allerdings nicht als Weihnachtsengel
Es ist eigentlich kein Wunder, dass ich vor mehr als 20 Jahren in die Unterhaltungsbranche gerutscht bin. Mein Opa war Zauberer, mein Nachbar in Chemnitz sogar Leiter des magischen Zirkels. Als dessen Zauberassistentin ausfiel, sprang ich kurzfristig ein und ließ mich aus leeren Kisten und einem kleinen Puppenhaus hervorzaubern. So fing alles an.
Danach eignete ich mir Bastelideen und Schminktricks an und absolvierte eine Ausbildung als Fotodesignerin. So kam ich dazu, Weihnachtsfotos zu gestalten. Mittlerweile arbeite ich als selbstständige Event-Künstlerin und gestalte Hochzeiten, Firmenevents oder Geburtstage in ganz Sachsen. Parallel dazu trete ich in meinen Rollen auf: im Sommer als Fee oder Prinzessin und ab November als Weihnachtsengel.
Dabei bin ich auch als Weihnachtsengel oft so etwas wie die gute Fee: Viele Familien fragen mich für den Besuch an Heiligabend an, weil ihre Kinder Angst vor dem Weihnachtsmann haben. Ich übernehme dann seinen Teil, lese aus dem goldenen Buch vor und überreiche die Geschenke. Oft trete ich aber auch mit dem Weihnachtsmann zusammen auf.
Weihnachten: Darum wollen Eltern einen strengen Weihnachtsmann
Einige Familien wollen gar nicht, dass der Abend zu sanft wird. Sie fragen, ob ich einen besonders strengen Weihnachtsmann kenne, der ihre Kinder maßregelt. Die Eltern wollen nicht „die Bösen“ sein oder zuviel schimpfen. Solche Anfragen leite ich dann an die Weihnachtsmänner aus meinem Netzwerk weiter – denn am Ende soll der strenge Weihnachtsmann den Kindern natürlich trotzdem Geschenke bringen.
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Manchmal sind es eher die Eltern, die einen strengen Weihnachtsmann bräuchten: Bei einer Familie sollte ich den Kindern aus dem goldenen Buch vorlesen und loben, dass sie gute Noten schreiben und in der Schule beliebt sind. Das Kind hat mir daraufhin gesagt, dass seine Mitschüler es mobben.
Manchmal erzählen mir auch die Urgroßeltern oder die Großeltern, dass die Dinge anders laufen als es nach außen hin aussieht. Sie sagen mir, dass ihre Familien sie nur für das Fest aus dem Seniorenheim geholt haben und sonst das ganze Jahr über nicht besuchen. Das macht mich traurig, besonders, weil ich auch Seniorenheime und Krankenhäuser besuche und dort sehe, wie einsam manche Menschen sind.
Wenn ich im Pflege- oder Seniorenheim, in einem Kinderheim oder auf der Kinderstation im Krankenhaus war, brauche ich ohnehin immer ein paar Tage, um die Erlebnisse zu verarbeiten. Gerade, wenn Patienten von einem Jahr auf das andere gesundheitlich stark abbauen, wenn ihre Ehepartner sterben oder wenn die an Krebs erkrankten Kinder über die Feiertage nicht nach Hause dürfen, trifft mich das sehr. Dann wird mir immer bewusst, dass jedes Weihnachtsfest das letzte sein könnte.
Weihnachten: An ein lustiges Geschenk erinnere ich mich gerne
Trotz aller Vorbereitungen und Aktivitäten sind die Geschenke am Weihnachtsabend übrigens nach wie vor ein wichtiges Thema in den Familien – wenn auch nicht immer so, wie man es erwarten würde. Oft freuen sich die Kinder mehr über einfache Geschenke als über teures Spielzeug oder finden die Ballonfiguren spannender als das ferngesteuerte Auto.
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Ich glaube, dass die Masse an Gästen und Geschenken an Weihnachten viele Kinder überfordert. Einmal habe ich einen Jungen bei meinem Besuch gefragt, was er im Vorjahr zu Weihnachten bekommen hatte. Er konnte sich nicht mehr erinnern und antwortete: „Die Geschenke vom letzten Jahr sind in einer Ramschkiste.”
Die einfachsten Geschenke sind doch noch immer die besten: Einem Kind sollte ich 100 Fischdosen überreichen, weil es so gerne Fisch aß. Ich packte die Dosen in meinen Geschenksack und fuhr ihn im Schlitten ins Wohnzimmer. Das Kind hat sich sehr gefreut und für mich war es das lustigste Geschenk, das ich je überreichen durfte.