Rom. In Italiens Innenstädten ist es nachts zu laut. Das beklagen immer mehr Anwohner. Womit lärmende “Alk-Touristen“ jetzt rechnen müssen.
Auf den Straßen feiern sie das, was sie unter „Dolce Vita“ verstehen, und rauben den Anwohnern ringsherum den Schlaf: Buntes Nachtleben mit Musik und Alkohol sind für die Bewohner vieler italienischer Städte zum Horror geworden. Viele flüchten vor überfüllten Lokalen, Lärm und Partystimmung aus den Stadtzentren. Andere suchen nach neuen Verteidigungsstrategien. So hat ein Ehepaar aus der norditalienischen Stadt Brescia die Gemeinde verklagt. Die Begründung: Der Lärm aus den Nachtlokalen im Zentrum sei gesundheitsgefährdend.
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Das Gericht verurteilte die Gemeinde Brescia zur Zahlung einer Entschädigung von 50.000 Euro. Die Stadtverwaltung ging in Berufung und bekam zuerst recht. Daraufhin reagierte das Ehepaar mit einem Rekurs beim Oberstem Gericht in Rom, das ihm stattgab. Laut den Richtern muss die Gemeinde das Recht des Privatbürgers garantieren, dessen Gesundheit durch zu starken Lärmbelästigung beeinträchtigt ist.
Italiens Städte wehren sich gegen lärmende „Alk-Touristen“
Die Gemeinden sind jetzt besorgt: Sie befürchten weitere Klagen dieser Art und die damit verbundenen Entschädigungsforderungen seitens der Bürger. „In Mailand versuchen wir gegen Exzesse vorzugehen, doch es ist nicht immer leicht“, warnt der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala. „Das Urteil des Obersten Gerichts ist für viele Gemeinden ein Damoklesschwert, weil wir zur Zahlung hoher Entschädigungen verurteilt werden könnten.“
Seit Jahren kämpft er gegen die lautstarke „Movida“. Mit dem spanischen Wort wird in Italien das lärmende und vergnügte Treiben überwiegend junger Leute in den einschlägigen Ausgehvierteln bezeichnet, etwa an den Navigli in Mailand, in Rom im Stadtteil Trastevere oder in Neapel am Lungomare Caracciolo.
Nicht nur Großstädte sind mit der „Movida“ konfrontiert. Die Badeortschaft Lignano an der nördlichen Adria ist nur zwei Stunden Autofahrt von Österreich entfernt und bei Jugendlichen sehr beliebt. Vor allem am Pfingstwochenende reisen junge Österreicher mit Autos voller Bierpaletten an - und fallen oft negativ auf.
Nach einer Massenschlägerei im Juli 2022 reichte es den Italienern: Der Präfekt von Udine verkündete, dass man die „Alk-Touristen“ nicht mehr haben wolle. Mittlerweile wird ordnungswidriges Verhalten im Badeort stärker sanktioniert. Am letzten Pfingstsonntag ließ sich die italienische Polizei sogar von zwei österreichischen Polizisten unterstützen. Zwischen 500 und 5000 Euro können Regelverstöße schlussendlich kosten.
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Nachtleben in Italien: Bürgerverbände fordern Einschränkungen
Bürgerverbände beklagen, dass an den Stränden, vor den Bars und auf vielen italienischen Plätzen ohne jegliche Kontrolle getrunken wird. Das stört die nächtliche Ruhe. In der Stadt Pesaro ist ein „Dezibel-Krieg“ im Gange. Die Hotelinhaber beklagen sich wegen der lauten Musik aus den Nachtlokalen. In einigen Fällen kam es sogar zu Handgreiflichkeiten zwischen Hoteliers und Betreibern der Diskotheken.
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In der Adria-Badeortschaft San Benedetto del Tronto ist von 24 bis 6 Uhr der Konsum von Alkoholgetränken auf der Straße verboten. Wer mit Glasflaschen, oder Dosen in der Hand erwischt wird, muss Strafe zahlen. Lokalinhaber, die sich aktiv zur Bewahrung der öffentlichen Ruhe einsetzen, können mit Begünstigungen rechnen, unter anderem mit mehr Platz für Tische im Freien.
Auch Neapel bemüht sich um die Zähmung von wildem und ausuferndem Nachtleben. So arbeitet Bürgermeister Gaetano Manfredi an der Erschließung neuer Vergnügungsgebiete, um den Stadtkern zu entlasten. Mit dieser Initiative will man auch gegen die sich häufenden Fälle von Gewalt vorgehen. Messerstechereien, Raubüberfälle und Schlägereien sind an der Tagesordnung. Täter und Opfer gleichermaßen sind vor allem junge Menschen.
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Jugendliche in Partylaune sind auch für Venedig ein Horror, in einer Stadt, die täglich mit den extremen Auswüchsen des Massentourismus zu kämpfen hat. Geschrei, vom Alkohol benebelte Gruppen junger Leute, urinierende Männer machen den Mitgliedern des Komitees Campo Rialto Novo, die sich für Ordnung und Sicherheit in der Gegend um die Rialto-Brücke einsetzen, zu schaffen. Auf ihren Druck hin hat die Stadtpolizei in den letzten Wochen die nächtlichen Kontrollen verschärft.