Berlin. Ein Mann hat fünf Menschen in Frankreich mit einem Messer verletzt, vor allem Kinder. Polizei rätselt über Motiv. Kein Terrorverdacht.
Entsetzen in Frankreich: Ein mit einem Messer bewaffneter Mann hat am Donnerstag im ostfranzösischen Annecy vier Kleinkinder und einen Erwachsenen lebensgefährlich verletzt. Ein weiterer Erwachsener sei bei dem Angriff leicht verletzt worden, sagte Staatsanwältin Line Bonnet-Mathis in Annecy.
Die Kinder aus Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden seien im Alter von 22 bis 36 Monaten. Es gebe „keine Hinweise auf ein terroristisches Motiv“, sagte sie. Die Polizei nahm den Täter fest. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes.
Der Angreifer kommt aus Syrien und lebte lange in Schweden
Aus Polizeikreisen verlautete, der 31 Jahre alte Angreifer habe sich als Asylbewerber aus Syrien bezeichnet. Er war gegen 9.45 Uhr mit einem Messer auf die Kinder auf einem Spielplatz am Lac d'Annecy losgegangen. Augenzeugen berichteten, dass er mit dem Messer auch auf zwei Kinder eingestochen habe, die sich in einem Doppel-Kinderwagen befanden. Auf einem Video ist zu hören, dass er zwei Mal auf Englisch „Im Namen Jesu“ schrie.
Nach bisherigen Erkenntnissen hatte er zehn Jahre in Schweden gelebt. Dort war er auch als Flüchtling anerkannt. Er sei dort mit einer Schwedin verheiratet gewesen, mit der er ein etwa drei Jahre altes Kind habe.
Der Täter bezeichnete sich als "syrischer Christ"
Im vergangenen Jahr habe er sich scheiden lassen und sei nach Frankreich gekommen. Dort stellte er im vergangenen November einen Asylantrag. Dieser sei abgelehnt worden, weil er in Schweden schon als Flüchtling anerkannt gewesen sei. In seinem Antrag habe er sich als „syrischer Christ“ bezeichnet.
Laut der Lokalzeitung „Le Dauphiné Libéré“ war der Mann ohne festen Wohnsitz und „auf dem Weg der Verwahrlosung“. Lokale Medien berichten, dass die Ermittler noch prüfen, ob er weitere Identitäten habe und ob er Drogen genommen habe. Ein Beschäftigter an einer der Anlegestellen am Lac d'Annecy berichtete, dass der Mann sich seit etwa zwei Monaten täglich von morgens bis abends auf einer Bank am Seeufer aufgehalten habe. Dabei habe er zeitweise Selbstgespräche geführt.
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin sprach auf Twitter von einem sehr schnellen Einsatz der Ordnungskräfte, der Täter sei "dank der schnellen Reaktion der Sicherheitskräfte verhaftet worden". Das Büro von Premierministerin Elisabeth Borne kündigte an, sie werde zum Tatort nach Annecy reisen. Das französische Parlament hielt nach Bekanntwerden des Angriffs eine Schweigeminute ab.
Macron: Die Nation steht unter Schock
Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zeigte sich bestürzt. "Die Nation steht unter Schock", schrieb er am Donnerstag auf Twitter. Der Angriff sei "absolut feige" gewesen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drückte den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. „Lieber Emmanuel Macron, (...) Deutschland ist schockiert über diese unmenschliche und verachtenswerte Tat“, schrieb er auf Deutsch und Französisch auf Twitter.
In Berichten örtlicher Medien war zunächst von einem verletzten deutschen Kind die Rede gewesen. Die Staatsanwaltschaft erklärte später, dass es sich um eine Verwechslung gehandelt habe, das Kind sei aus den Niederlanden (fmg).