Paris. Der Pariser Polizeipräfekt schränkt den Alkoholverkauf ein und untersagt das Trinken auf offener Straße – zum Leid einiger Einwohner.
„Im Ernst?“, fragt Sandrine M. den Verkäufer in ihrem unweit des Pariser Nordbahnhofs gelegenen Supermarkt und weist auf ein am Eingang angebrachtes Plakat, auf dem in fetten Lettern zu lesen steht, dass der Verkauf von alkoholischen Getränken in Paris ab sofort zwischen 17 und 8.30 Uhr verboten ist. Der Verkäufer und Ladenbesitzer in Personalunion nickt achselzuckend: „Ja, leider, Anordnung der Polizeipräfektur.“
Es ist Freitagabend, kurz nach 18 Uhr, und Sandrine, die von der Arbeit kommt, ist bei sich zuhause mit zwei Freundinnen auf ein gemeinsames Diner verabredet. Deshalb wollte sie noch rasch zwei Flaschen Wein einkaufen. „So ein Blödsinn“, knurrt die junge Frau und verlässt verärgert das Geschäft.
Eingeschränkter Alkoholverkauf in Paris: Zwischen 21 bis 7 Uhr herrscht Verkaufsverbot
Zu viele Einwohner von Paris sollen die Tendenz haben, sich auf offener Straße zu betrinken und dann auffällig zu werden. Das ist jedenfalls die Meinung des Polizeipräfekten der Metropole an der Seine. Bereits im vergangenen August ließ er daher den Alkoholkonsum auf der Straße zwischen 16 und 7 Uhr sowie, ausgenommen der Gaststätten, den Alkoholverkauf zwischen 21 und 7 Uhr im gesamten Stadtgebiet verbieten.
Da sich jedoch in drei Arrondissements der Hauptstadt weiterhin die Klagen über auf alkoholisierte Straßenfeiern und die mit ihnen verbundenen Ruhestörungen häufen, wurde das Verbot soeben „gezielt“ verschärft. Rings um rund 30 Straßenzüge und Plätze des 9., 10. sowie 12. Arrondissements, die von den Ordnungshütern als problematisch eingestuft werden, ist nicht nur das tägliche Verkaufsverbot für Alkohol um fünf Stunden verlängert worden. Der Alkoholkonsum auf offener Straße ist dort nun sogar schon ab 11 Uhr vormittags untersagt.
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Ladenbesitzer fürchten Umsatzverlust
Edouard Longuet, als Inhaber des kleinen Supermarkts in der Nähe des Nordbahnhofs von der Verschärfung betroffen, ist mehr als nur verärgert über das, was er eine Kollektivstrafe nennt, die „einigen Typen zu verdanken ist, die systematisch über die Stränge schlagen“. Und, so fügt er hinzu, „die ja nur ein paar Straßen weiterzugehen brauchen, um sich dann dort ihr Bier oder ihren Wein zu kaufen.“
Longuet befürchtet genau wie die meisten übrigen Ladenbesitzer „in den falschen Straßen“ bis zu 15 Prozent Umsatzverlust. Nicht wegen dem Ausbleiben derjenigen, die er als „Quartalssäufer“ bezeichnet, sondern weil er damit rechnet, dass sich nun ein Teil seiner Stammkunden umorientiert, die wie Sandrine vorwiegend am frühen Abend einkaufen und die keineswegs zu ihm kämen, um sich allein mit alkoholischen Getränken zu versorgen.
Geldstrafe bei Verkauf: Pariser bleiben gelassen
Dass das Verbot die erwünschte Wirkung haben könnte, bezweifelt Longuet. Meistens wären es jüngere Semester, die auf der Straße Alkohol konsumieren, weil das billiger ist als ein Kneipenbesuch sei und die jetzt nicht urplötzlich mehr Geld in der Tasche hätten. Trotzdem fügt sich Longuet dem Erlass der Präfektur, eine Zuwiderhandlung „kann ich mir aufgrund der Höhe des Strafgeldes gar nicht leisten.“ Letzteres nämlich würde sich auf 7500 Euro beziffern.
Ganz gelassen hingegen bleibt Gerard. Der Obdachlose sitzt neben seinem Schäferhundmischling Betty wenige Meter neben dem Supermarkt auf der Stufe eines Hauseingangs und nimmt regelmäßig einen Schluck aus einer Bierdose. Ja, er habe von dem Erlass erfahren, und nein, das jucke ihn ganz und gar nicht, erklärt er mit einem breiten Grinsen und reckt herausfordernd die Bierdose hoch: „Sollen die mich doch festnehmen und in eine Zelle stecken, dann habe ich diese Nacht wenigstens ein Dach über dem Kopf.“
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