Berlin. 2023 wurden mehr Gasheizungen verkauft, als Wärmepumpen. Ein Rückschlag für die Politik – aber auch eine Chance, findet der Autor.

Es gibt Themen im politischen Berlin, die an vielen Verbrauchern vorbeigehen oder auf wenig Interesse stoßen. Das Thema Heizung gehört nicht dazu. Das zeigte die öffentliche Debatte um das Heizungsgesetz. Umso verheerender war die permanente Uneinigkeit innerhalb der Ampel-Koalition. Kommt eine Tauschpflicht oder nicht? Es war ein zähes Hin und Her, ehe endlich Klarheit für die Millionen Hausbesitzer in Deutschland herrschte.

Öl- und Gasheizung statt Wärmepumpe – ein teurer Fallstrick

War das schon zu spät? Mit 790.500 neuen Gaskesseln und über 112.000 neuen Ölheizungen wurden 2023 mehr fossile Heizungen in Deutschland verbaut als Wärmepumpen (rund 356.000). Die Zahlen erinnern an die „90er Jahre“ als der Klimawandel in der öffentlichen Debatte noch nicht angekommen war. Wer sich aber 2024 noch eine Gas- oder Ölheizung kauft, geht ein hohes Risiko ein. Denn das Heizen mit fossilen Brennstoffen wird perspektivisch teurer.

Auch wenn die Heizölpreise in Deutschland aktuell niedrig sind – diese Werte sind immer nur Momentaufnahmen. In den nächsten Jahren soll der CO₂-Preis weiter steigen – ab 2026 dürfte er zwischen 55 und 65 Euro je Tonne liegen. Mögliche Preisanstiege mit Blick auf die Gas- und Rohölpreise am Weltmarkt sind dabei nicht eingerechnet. Auch die Vorstellung, in Zukunft die Gas- oder Ölheizung mit Biobrennstoffen zu nutzen, könnte sich als teurer Fallstrick entpuppen.

Heizung: Die neuen Zahlen sind auch eine kleine Chance

Richtig ist: Eine Öl- oder Gasheizung ist in der Anschaffung günstiger und eine neue Heizung mit Brennwertkessel arbeitet deutlich effizienter als ältere Anlagen mit Konstant- und Niedrigtemperaturkessel. Neue Systeme können zudem oftmals schon bis zu einem gewissen Grad Bioheizöl oder Gas mit Wasserstoffanteil (H2) verwerten. Aber der Gedanke, dass so Hunderttausende Heizungen in Zukunft betrieben werden können, ist utopisch.

Gas- und Ölheizung: Kesseltypen im Überblick

Konstanttemperaturkessel:

Dieser Heizkessel arbeitet mit einer konstanten Temperatur – unabhängig von der Außentemperatur und dem tatsächlich benötigen Bedarf. Daher gelten Konstanttemperaturkessel als wenig effizient. Sie sind in der Anschaffung preiswert – verursachen aber im Laufe der Zeit höhere Kosten aufgrund ihres erhöhten Verbrauchs. Heizungen mit Konstanttemperaturkessel sind in Deutschland von der Austauschpflicht betroffen.

Niedertemperaturkessel:

Der Niedrigtemperaturkessel arbeitet im Unterschied zum Konstanttemperaturkessel mit variablen Temperaturen, die sich nach der Außentemperatur richten. Dadurch wird unnötiges aufheizen vermieden. Niedrigtemperaturkessel gelten deshalb als sparsamer und verursachen weniger Emissionen. Heizungen mit dieser Kesselart sind in Deutschland deshalb auch nicht von der Austauschpflicht betroffen.

Brennwertkessel:

Diese Heizkessel funktionieren ähnlich wie Niedrigtemperaturkessel– nutzen aber zusätzlich noch die Wärme der Abgase, die bei der Verbrennung entstehen. Dies wird durch das Kondensieren des Wasserdampfes in den Abgasen erreicht. Dadurch erreichen Brennwertkessel die höchste Effizienz unter allen Kesseltypen und punkten mit einem geringen Energieverbrauch und weniger Emissionen. Die Anschaffungskosten sind allerdings höher als bei Konstant- und Niedrigtemperaturkesseln. Brennwertkessel gelten heute als Standard bei neuen Gas- und Ölheizungen.

Die Kapazitäten für die Produktion von Biobrennstoffen sind begrenzt. Bioheizöl oder auch Wasserstoff sind zudem nur ökologisch, wenn bei der Produktion erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Hausbesitzer könnten sich mit der Entscheidung für eine Gas- oder Ölheizung in eine Sackgasse manövrieren. Trotzdem können die jetzt veröffentlichten Zahlen eine Chance sein.

Die Wärmewende ist nicht nur eine Aufgabe der Politik

In der Debatte rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) war primär vom Umstieg auf die Wärmepumpe die Rede. Doch es gibt viele Wege – einer davon: Der individuelle Sanierungsfahrplan mit einer Gas- oder Ölheizung als Zwischenlösung, bis man das Gebäude rein erneuerbar beheizt. Man saniert in kleinen Schritten und teilt die Kosten über Jahre auf. Eine Lösung, die in der öffentlichen Debatte rund um die Wärmewende untergegangen ist und sich in Haushalten mit einer funktionierenden Öl- oder Gasheizung anbietet.

Dafür braucht es jetzt aber vor allem Aufklärung und eine verbrauchernahe Politik. Der Gesetzgeber muss den Weg ebnen – etwa über eine transparentere und niederschwellige Förderung zur Energieberatung. Gerade zur Wärmepumpe existieren zudem noch viele Vorbehalte. Dabei kann die Technik selbst in unsanierten Altbauten exzellente Ergebnisse liefern.

Die Medien, aber auch Handwerker und politische Ansprechpartner der Bürger vor Ort sind gefragt, sich noch stärker zu engagieren. Häufig wird in den Medien nur über die politischen Entwicklungen rund um das Thema berichtet. Nun ist es an der Zeit, auch fachlich mehr über das Heizen aufzuklären. Nur so kann es gelingen, die Chance zu nutzen.