Erndtebrück. Pfarrer Jaime Jung steht vor der Herausforderung, als einziger Pfarrer in Erndtebrück 4400 Protestanten zu betreuen. Dafür hat er einen Plan.

Nachdem Kerstin Grünert im Juni 2024 zur neuen Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein gewählt wurde, musste sie ihr Pfarramt in Erndtebrück zurücklassen. Damit verblieb Jaime Jung als einziger Pfarrer der Gemeinde Erndtebrück und Birkelbach. Wie wird es für die Protestanten in der Edergemeinde weitergehen, mit nur noch einem Pfarrer für 4400 Kirchenmitglieder?

Im Erndtebrücker Ausschuss für Soziales, Sport und Kultur gab Jung nun Aufschluss für die Zukunft der Kirchengemeinde. Zunächst einmal: Vom 1. Januar bis Ende Dezember ist Jung nicht allein auf weiter Flur. Pfarrer Peter Liedtke, ursprünglich aus Girkhausen, steht Jung in dieser Zeit als Unterstützung bei. „Er hat sich gegen den Ruhestand gewehrt und wurde uns zugewiesen“, gab Jung im Ausschuss zu verstehen. Grundsätzlich sei jedoch nicht damit zu rechnen, dass Erndtebrück eine weitere Pfarr-Stelle zugewiesen werden würde, denn ab 2026 sei ein Pfarrer für 4000 Personen vorgesehen, ab 2030 sogar nur noch ein Pfarrer für 5000 Personen. „Als ich 2021 nach Erndtebrück kam, waren wir noch zu viert. Jetzt bin ich allein und das ist eine große Herausforderung“, verdeutlichte Jung, der anerkannte, dass sich viel verändert habe in den vergangenen Jahrzehnten.

„Als ich 2021 nach Erndtebrück kam, waren wir noch zu viert. Jetzt bin ich allein und das ist eine große Herausforderung.“

Jaime Jung
Pfarrer in Erndtebrück

„Heute gibt es viel weniger Pfarrer als noch vor 20 Jahren - damals gab es mehr als genug. Es waren sogar so viel, dass Anwärter aussortiert werden konnten. Jetzt gehen viele Pfarrer in Rente und fehlen damit in den Gemeinden“, erklärte Jung. Das Aussortieren vor 20 Jahren habe viele junge Menschen, die am Pfarramt interessiert gewesen wären, abgeschreckt. „Bis man eine Pfarrstelle hat, dauert es sechs bis sieben Jahre, und wenn man nicht weiß, ob man im Anschluss auch eine Stelle bekommt, macht man lieber etwas anderes.“

Heute seien daher viele Stellen unbesetzt und es sei schwer, Pfarrer zu bekommen. „Sie können sich jetzt, anders als früher, aussuchen, wohin sie gehen wollen. Sie wollen dann vielleicht lieber ins Ruhrgebiet gehen und wissen gar nicht, wie schön es hier in Wittgenstein ist“, sagte Jung, der aber auch einen erfreuten Blick nach Banfe richtete: „Dort haben wir seit ein paar Monaten Carmen Jäger als Pfarrerin.“

Das sei auch für Erndtebrück von Bedeutung, denn die Landeskirche achte nicht nur auf die Gemeinden, sondern auch auf die Solidarräume, wie Laasphe-Erndtebrück einer ist. „Ein solcher Solidarraum ist entsprechend dem Wort zu verstehen: Die Pfarrer sollen sich solidarisch unterstützen und sich untereinander austauschen und absprechen“, erklärte Jung. In diesem Solidarraum seien derzeit vier Personen beschäftigt, die sich auch untereinander aushelfen und dafür sorgen, dass jemand ein freies Wochenende haben kann.

„Kein Tag ist wie der andere, jeden Tag hat man viel mit Menschen zu tun, ob bei Gottesdiensten, Trauergesprächen oder beim Fußballspielen mit den Konfirmanden. Man bekommt dabei viel mehr zurück, als man geben muss.“

Jaime Jung
Pfarrer in Erndtebrück

Nicht nur die Zahl der Pfarrer habe sich in den letzten 20 Jahren verändert, auch die Arbeit der Pfarrer ist eine andere geworden. „Früher war es die Aufgabe der Pfarrer, bei den Menschen zu sein, die Menschen zu besuchen. Dafür ist heute weniger Zeit, denn es ist viel Papierarbeit dazugekommen, die die Pfarrer erledigen müssen.“ Dennoch: „Kein Tag ist wie der andere, jeden Tag hat man viel mit Menschen zu tun, ob bei Gottesdiensten, Trauergesprächen oder beim Fußballspielen mit den Konfirmanden. Man bekommt dabei viel mehr zurück, als man geben muss“, so Jung.

Aber wie geht es in Zukunft weiter, ohne Kerstin Grünert als Pfarrerin in der Kirchengemeinde? Jaime Jung plant nicht, Angebote zu streichen, nur weil er nun allein für die Gemeinde zuständig ist. „Ich wüsste auch gar nicht, wo ich dabei anfangen soll.“ Möglich ist es, dass manche Angebote zum Beispiel auf andere Wochentage verlegt werden, aber die Gemeinde solle unter der Verkürzung auf eine Pfarrstelle nicht leiden müssen. Auch gebe es bisher keine Pläne, die Kirchspiele Birkelbach und Erndtebrück zusammenzulegen, gab Jung auf eine Frage von Steffen Haschke (CDU) zu verstehen.