Siegen-Wittgenstein. Eine Talsperre im Truftetal soll die Trinkwasserversorgung im Kreis sichern. Landrat Müller erklärt, inwiefern auch Naherholung möglich ist.

Seit einigen Jahren steht eine mögliche Talsperre im Truftetal bei Bad Berleburg als dritte Trinkwasser-Talsperre im Kreis Siegen-Wittgenstein zur Debatte - mit dem Ziel der langfristigen Sicherung der Trinkwasserversorgung im Kreis. Im Vorfeld der letzten Sitzung des Kreistages in diesem Jahr wollte es die FDP-Fraktion des Kreises noch einmal genau wissen: Wie wahrscheinlich ist die Talsperre im Truftetal derzeit? Wäre es möglich, Tourismus und Naherholung an einer solchen Trinkwassertalsperre einzubinden?

Im Juni 2022 hatte der Kreistag auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie der Notwendigkeit einer dritten Trinkwassertalsperre - vorzugsweise im Bad Berleburger Truftetal - zugestimmt. Der Wasserverband Siegen-Wittgenstein (WVS) hatte im Anschluss entsprechend die Planungen aufgenommen und damit die Verantwortung für den weiteren Prozess übernommen. Was ist mittlerweile der aktuelle Stand der Planungen? „Eine Aussage dazu, wie wahrscheinlich der Bau einer dritten Talsperre im Truftetal ist, kann erst nach dem nächsten Termin mit der Bezirksregierung getroffen werden. Nach bisherigen Erkenntnissen erscheint das Truftetal als geeignetster Standort für den Bau einer weiteren Talsperre“, antwortet Landrat Andreas Müller auf die Frage der FDP-Fraktion des Kreises. Der Termin mit der Bezirksregierung sei derzeit für Januar 2025 vorgesehen. Inwiefern mit einem Planfeststellungsverfahren begonnen werden kann oder ob weitere Voruntersuchungen notwendig sind, könne auch erst nach diesem Termin gesagt werden, so Müller.

Weitere Standorte werden untersucht

Trotz der Bevorzugung des Truftetals werden derzeit auch noch andere Standorte im Kreisgebiet untersucht, ob sie für die dritte Trinkwassertalsperre infrage kommen könnten: „Aktuell werden von der Tractebel Hydroprojekt GmbH unterschiedliche Standorte im gesamten Verbandsgebiet in Hinblick auf verschiedene Aspekte, wie das jährliche Wasserdargebot, vorhandene Bebauung, Naturschutz- sowie Flora-Fauna-Habitat-Gebiete und die möglichen Stauvolumina untersucht. Ob weitere Standorte diese Kriterien und Randbedingungen für den Bau einer dritten Talsperre erfüllen, lässt sich erst nach Abschluss der Untersuchungen sagen“, erklärt Landrat Müller.

Avisiertes Ziel sei zudem ganz klar eine Trinkwassertalsperre statt eine temporäre Nutzung als solche, wie beispielsweise die Aggertalsperre: „Bei Realisierung einer solchen Talsperre wird der parallele Bau einer Trinkwasseraufbereitungsanlage notwendig, damit die Trinkwasserversorgung Wittgensteins in der Regel künftig über diese Talsperre erfolgen kann. Aus betrieblichen und wirtschaftlichen Gründen würde dieses Wasserwerk sofort in Betrieb genommen“, antwortet Müller auf die Frage der FDP-Fraktion.

Bau nur als Trinkwassertalsperre genehmigungsfähig

Im übrigen würde nur die Notwendigkeit einer dritten Trinkwassertalsperre die Anlegung einer Talsperre rechtfertigen, so Müller: „Wenn die Wasserversorgung anderweitig garantiert werden kann, wäre der Bau einer weiteren Talsperre nicht notwendig und ausschließlich für die Freizeitnutzungszwecke im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens nach Einschätzung des WVS kaum genehmigungsfähig. Lediglich die Heranziehung der Funktion als Trinkwassertalsperre dürfte den Status ‚Wohl der Allgemeinheit‘ erfüllen. Der Bau einer Talsperre als reine Freizeitanlage ist zudem satzungsgemäß keine Aufgabe des Wasserverbandes.“

Landrat Andreas Müller hat den türkischen Vizekonsul Mustafa Aldi (rechts) im Kreishaus in Siegen empfangen.

„Grundsätzlich sind die meisten Trinkwassertalsperren touristisch nutzbar und werden von Wanderern, Joggern, Radfahrern und Anglern genutzt. Lediglich Aktivitäten in Wasserschutzzone I sind nur an sehr wenigen Trinkwassertalsperren gestattet.“

Andreas Müller
Landrat

Dennoch: Eine solche Talsperre wäre, mit Einschränkungen, grundsätzlich auch touristisch nutzbar. „Grundsätzlich sollte die negative Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität durch touristischen Einfluss so gering wie möglich gehalten werden. Nutzungen des Rundwegs (wie an Obernauund Breitenbachtalsperre sowie den meisten weiteren Trinkwassertalsperren) durch Wandern, Radfahren oder Joggen, sowie Angelbetrieb stellen nur ein geringes Risiko dar. An großen Brauchwassertalsperren werden zusätzlich Bootsbetrieb, Badestellen, Sporttauchen etc. angeboten“, zählt Müller auf. „Grundsätzlich sind die meisten Trinkwassertalsperren touristisch nutzbar und werden von Wanderern, Joggern, Radfahrern und Anglern genutzt. Lediglich Aktivitäten in Wasserschutzzone I sind nur an sehr wenigen Trinkwassertalsperren gestattet“, macht der Landrat klar.

Es gebe zum Beispiel seinige Talsperren des Ruhrverbands, die Rohwasser zu kleineren Wasserversorgungsunternehmen liefern (Listertalsperre, Sorpetalsperre, Hennetalsperre): „Diese Talsperren ermöglichen unter anderem Bade- und Bootsbetrieb. Diese Talsperren besitzen jedoch ein deutlich größeres Stauvolumen und Einzugsgebiet bei wiederum wesentlich geringeren Entnahmemengen. Diese Randbedingungen sind im Truftetal nicht gegeben. Das deutlich kleinere Einzugsgebiet und geringere Stauvolumen machen eine Priorisierung der Wasserqualität notwendig“, so Müller.