Erndtebrück. Um das außergewöhnliche Projekt rund um neues Wohnen war es still geworden. Eine wichtige Entscheidung bringt es aber jetzt deutlich voran.

Vier Jahre ist die große Informationsveranstaltung zum Auftakt des Ko-Dorf-Projektes in Erndtebrück mittlerweile her. Zahlreiche Menschen waren damals von nah und fern in den Kernort der Gemeinde gekommen, um sich über dieses bisher einzigartige Projekt „Ko-Dorf“ zu informieren. Eineinhalb Jahre zuvor hatte Bürgermeister Henning Gronau den Kontakt zu Frederik Fischer, Ideengeber und Initiator des Projektes geknüpft. Zuletzt war es um das Projekt jedoch sehr still geworden - was passiert nun mit der Idee, die den damaligen Regierungspräsidenten Hans-Josef Vogel vor vier Jahren dazu veranlasste, den Erndtebrückern „Zukunftslust“ zu attestieren?

Tatsächlich hat die Erndtebrücker Politik dem Projekt jetzt die Tore geöffnet, denn einstimmig entschieden die Mitglieder des Ausschusses für Bauen und Gemeindeentwicklung nun, dem Gemeinderat den Beschluss des Bebauungsplanes auf dem Gelände des ehemaligen Sägewerks hinter dem Rathaus zu empfehlen. „Nach dem Vorbild des Ko-Dorfs Wiesenburg ist die Entwicklung einer kleineren Siedlung vorgesehen. Diese Siedlung soll so entwickelt werden, dass in sieben Höfen jeweils drei Wohnhäuser angeordnet werden können. Das Besondere hierbei ist, dass die Wohnhäuser sehr komprimiert und für den täglichen Bedarf ausgestattet sein sollen. Das Zentrum bildet das ehemalige Sägewerk, welches sowohl als Fläche für das Quartier dienen soll, als auch Angebote für Bürgerinnen und Bürger außerhalb des Quartieres bereithalten kann“, beschreibt die Verwaltung das Projekt in einem 60-Seitigen Vorlagenpaket.

Blick von oben: So soll das Ko-Dorf auf der Wiese hinter dem Erndtebrücker Rathaus aussehen.
Blick von oben: So soll das Ko-Dorf auf der Wiese hinter dem Erndtebrücker Rathaus aussehen. © Constantin Boes - agmm Architekten | Constantin Boes - agmm Architekten

„Die Siedlung soll genossenschaftlich organisiert werden und naturnahes Wohnen ermöglichen. Dem historischen Sägewerk kommt nicht nur die Rolle des städtebaulichen Mittelpunktes zu, sondern auch die des gesellschaftlichen Mittelpunktes. Die Nutzungen der Räumlichkeiten können hierbei bedarfsgerechnet an die Bedarfssituation der Siedlung angepasst werden. Von einem Co-Working-Space, über eine Möglichkeit zur Kinderbetreuung, bis hin zum Gemeinschaftsraum für private Feierlichkeiten soll ein breites Spektrum verschiedener Nutzungsangebote ermöglicht werden“, heißt es weiter.

Das Plangebiet umfasst laut Vorlage eine Fläche von 15.908 Quadratmetern, von der bereits 15.830 Quadratmeter im Innenbereich liegen. Eine Umweltprüfung und ein Umweltbericht seien nicht erforderlich. „Bebauungspläne im beschleunigten Verfahren, die weniger als 20.000 Quadratmeter Grundfläche ausweisen, fallen nicht unter die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung“ ,erklärt die Verwaltung. „Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes erfolgt eine Maßnahme der Innenentwicklung.“

13 Stellungnahmen, vier davon mit Bedenken

13 Stellungnahmen zu dem Projekt seien in der Beteiligungsphase eigegangen, in vier dieser Stellungnahmen - vom Nabu-Kreisverband, von Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, vom Kreis Siegen-Wittgenstein und der LWL-Denkmalpflege - wurden  Bedenken geäußert. Während sich der LWL um das Sägewerk und dessen maschinelle Ausstattung sorgt, fürchtet Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg negative Auswirkungen der Bauarbeiten auf eines seiner eigenen Grundstücke sowie die Zerstörung von Lebensräumen vor Ort und die Beeinträchtigung der lokalen Biodiversität. „Der Annahme, dass durch die Aufstellung des Bebauungsplanes von einer negativen Auswirkung auf das angrenzende Biotop ausgegangen werden muss, kann nicht gefolgt werden. Um negativen Auswirkungen für vorhandene Tierarten zu begegnen, wurde eine Artenschutzprüfung durchgeführt und die darin enthaltenen Vorschläge als verbindliche Festsetzung übernommen“, erwidert dem die Gemeinde.

Der Nabu hingegen zweifelt unter anderem daran, ob die Umsetzung des Verfahrens rechtlich möglich ist: „Das Plangebiet liegt nicht vollkommen im Innenbereich, sondern grenzt im Westen und Süden an den Außenbereich an.“ Dazu argumentiert die Gemeinde: „Der Innenbereich wird per Satzung definiert. Die rechtsgültige Abgrenzung schließt, wie in der Begründung dargelegt, einen Großteil der Fläche ein. Das angrenzen von Außenbereichsflächen steht in keinen Widerspruch hierzu.“