Siegen-Wittgenstein/Erndtebrück. Der Antritt von Kerstin Grünert als Superintendentin des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein bedeutet den Abschied als Pfarrerin aus Erndtebrück.
Eine Tür schließt sich, während sich eine andere öffnet: Kerstin Grünert wurde jetzt feierlich als neue Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein in ihr Amt eingeführt - gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass sich die langjährige Pfarrerin von ihrer Gemeinde in Erndtebrück verabschieden wird.
Elf Jahre lang war die aus Hilchenbach stammende Grünert Pfarrerin in Erndtebrück, seit September bekleidet sie nun offiziell das Amt der Superintendentin des Kirchenkreises. Nach Hilchenbach ging es nun zur offiziellen Amtseinführung zurück: In die Evangelische Kirche am Hilchenbacher Marktplatz kamen zahlreiche Gottesdienstbesucher, die mit einem „Ja, mit Gottes Hilfe“ ihrerseits bestätigten, dass sie Kerstin Grünert als leitende Theologin für rund 130.000 evangelische Christen im Kirchenkreis unterstützen möchten. Davon berichtet der Kirchenkreis in einer Pressemitteilung.
Die neue Superintendentin hat eine besondere Verbindung zu der Evangelischen Kirche in Hilchenbach. In diesem Gotteshaus besuchte sie den Kindergottesdienst, dort wurde sie konfirmiert und hielt als Theologiestudentin ihre erste Predigt. Im vergangenen Jahr feierte sie, damals als Synodalassessorin, den Gottesdienst zur Vereinigung der Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein mit. Ulf Schlüter, theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, blickt zurück auf die Lebensstationen von Kerstin Grünert: In Hilchenbach wurde sie geboren und hier wuchs sie auf. In Erndtebrück war sie elf Jahre lang als Gemeindepfarrerin tätig. „Im Westen geboren, im Osten geprägt und am Ende Westen wie Osten regiert“, so Schlüter. Er zitierte Grünert, die wisse, dass die Kirche am Anfang eines Prozesses stehe, der diese verändern werde. Sie habe, das hatte sie bereits zur Wahl gesagt, „Lust an den großen Schrauben zu drehen“, wissend aber auch, dass gerade nicht die Zeit sei, fertige Konzepte zu präsentieren.
„Kirchliches Leben funktioniert nicht mehr in der Weise, in der wir groß geworden sind. Unsere Aufgabe ist es, diesen Prozess anzunehmen, mit dem Bild von Abschied und Neubeginn.“
„Zwischen den großen Schrauben, den Ideen, den offenen Fragen, werden Sie Ihre Aufgaben und Ihre Gestaltungsräume finden. Gemeinsam mit den 33 Kirchengemeinden dieses Kirchenkreises und mit allen, die da Verantwortung tragen und sich engagieren“, sagte Schlüter. Gemeinsam mit dem ehemaligen Superintendenten Peter-Thomas Stuberg, Vorgänger von Kerstin Grünert, und Jaime Jung, Gemeindepfarrer in Erndtebrück, führte Schlüter Kerstin Grünert offiziell in ihr Amt ein.
Grünert sprach in ihrer ersten Predigt als neu eingeführte Superintendentin von den Transformationsprozessen in der Kirche. Sie betonte, dass man bei einem Prozess aktiv beteiligt sei und „kein Kirchenschiff, das wie eine Nussschale hilflos den Wellen, die von außen kommen, ausgesetzt ist“. Es werde Veränderungen geben. „Kirchliches Leben funktioniert nicht mehr in der Weise, in der wir groß geworden sind.“ Man lebe nicht mehr miteinander in den Gemeinden, sondern konsumiere – punktuell und unverbindlich. „Unsere Aufgabe ist es, diesen Prozess anzunehmen, mit dem Bild von Abschied und Neubeginn“, sagte Grünert.
Das sei verbunden mit unterschiedlichen Gefühlen und Gegensätzen, die doch zusammengehörten: „Wir stecken zwischen Baum und Borke. Voller Vorfreude und voller Sorge. Mit Tatendrang und mulmigem Bauch. Mutig voran und wehmütig festhaltend.“ Steuern gehe im Moment nur auf Sicht. Grünert fasste zusammen, warum sie positiv gestimmt ist: „Glaube ist lebendig und fröhlich, bunt und kräftig, suchend und fragend, voller Bewegung und Hoffnung. Wir wollen hier im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein fröhlich Kirche sein.“
Im Anschluss an den Gottesdienst fand ein Empfang für geladene Gäste im Gemeindehaus der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hilchenbach statt. Steffen Riesenberg, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gladbeck-Dorsten-Bottrop grüßte für die 24 Superintendentinnen und Superintendenten in der Evangelischen Kirche von Westfalen und wünschte seiner Kollegin alles Gute für den Start. Andreas Müller, Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, gratulierte Kerstin Grünert und wünschte ihr, dass es ihr gelinge, Brücken zu bauen.
Ein weiteres Grußwort aus der Politik sprach Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau. Er bedauerte, dass seine Gemeinde eine hervorragende Pfarrerin verliere, die immer dahingehe, wo die Menschen sind. Stephan Berkenkopf, stellvertretender Dechant des Dekanats Siegen und Pfarrer im Pastoralverbund Wittgenstein, blickte auf ein gutes ökumenisches Miteinander zurück, das auch jetzt weiter fortgeführt werde. Für Grünerts Aufgaben wünschte er Gottes Segen. Den erbat auch Peter-Thomas Stuberg für seine Nachfolgerin – und für bevorstehende Transformationsprozesse, bei denen es vielleicht auch Reibungspunkte geben könnte, schenkte er die passende Ausrüstung: einen gelben Schutzhelm und eine Arnika-Salbe gegen blaue Flecken.
Abschied aus Erndtebrück
Die Gemeinde Erndtebrück wird Kerstin Grünert jedoch nicht sang- und klanglos verlassen: Nachdem Grünert bereits Anfang September offiziell entwidmet wurde, um ihr Amt als neue Superintendentin anzutreten, nimmt die Pfarrerin nun offiziell von ihrer Kirchengemeinde in Erndtebrück Abschied - das kündigt die Kirchengemeinde an. Am Samstag, 12. Oktober, findet ab 16 Uhr ein Gottesdienst mit Verabschiedung von Pfarrerin Kerstin Grünert in der Ev. Kirche Erndtebrück statt. Anschließend laden Kerstin Grünert und das Presbyterium zusammen zum gemütlichen Zusammensein in der Kirche ein.