Erndtebrück/Bad Berleburg. 39-Jähriger fährt ohne Fahrerlaubnis über hundert Kilometer nach Bad Berleburg. Auf dem Rückweg stellt er sich selbst bei den Beamten.

Am 28. Januar 2024 gegen 16.30 Uhr blitzten Polizeibeamten einen Pkw auf der Ederstraße in Erndtebrück, der Fahrer hielt jedoch nicht an. Eine knappe Stunden später kam der Autofahrer zu den Beamten und stellte sich selbst. Nun steht der 39-Jährige aus der Nähe von Siegburg vor dem Amtsgericht Bad Berleburg - wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

„Der Vorwurf ist letztlich zutreffend“, erklärte Verteidiger Peter-René Gülpen zu Beginn der Beweisaufnahme. Die Tat habe jedoch einen Hintergrund: Der Vater seines Mandanten habe sich zum Tatzeitpunkt in einer Berleburger Reha-Klinik befunden und seinen Sohn oft nachts angerufen und ihn verzweifelt darum gebeten, zu ihm zu kommen und ihn abzuholen. „Aus der heutigen Sicht stellte es sich nicht als so dringlich heraus“, räumte Rechtsanwalt Gülpen ein. Allerdings sei sein Mandant am 28. Januar davon ausgegangen, dass sein Vater in der Klinik nicht rechtmäßig behandelt wird.

Selbstständiger Handwerker lässt sich seit Jahren fahren

Aber warum verfügt der 39-Jährige, der als selbstständiger Handwerker tätig ist, nicht über einen Führerschein? „Er ist mit den technischen Einrichtungen durchaus bewandert“, meinte Strafverteidiger Gülpen. Vor etlichen Jahren habe der Angeklagte einen Führerschein gehabt, wegen „einer blöden Geschichte“ brauche er heute seine Mitarbeiter und Familie als Fahrer. Weil der 39-Jährige auch beruflich auf den Führerschein angewiesen ist, bezeichnete Gülpen seine Situation als ein „Dilemma“. Wäre die Verhandlung nicht gewesen, hätte sich sein Mandant schon wieder ernsthaft um den Wiedererwerb der Fahrerlaubnis bemüht. Trotzdem zeigt das Bundeszentralregister des Angeklagten, dass er schon in den Jahren 2011, 2013 und 2018 beim Fahren ohne Führerschein erwischt worden war.

Gericht verurteilt zu Geldstrafe

„Ich glaube schon, dass die Situation des Vaters als moralischer Zwang nach Bad Berleburg zu kommen angesehen werden kann“, konstatierte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Die letzte, wenn auch einschlägige, Vorstrafe liege ebenfalls schon sechs Jahre zurück. Auch wenn der Angeklagte die Polizeistreife absichtlich umfahren habe, plädierte der Staatsanwaltschaft lediglich auf eine Geldstrafe. „Es ist keine charakterliche Uneignung festzustellen“, begründete der Staatsanwaltschaft seinen Verzicht auf die Forderung nach einer Sperrfrist für den Führerscheinerwerb. Richter Torsten Hoffmann verhängte schließlich eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu 65 Euro, womit er dem Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung folgte. „Solche Straftaten werden nicht mehr begangen, wenn Sie endlich über eine Fahrerlaubnis verfügen“, begrüßte der Richter die Pläne des 39-Jährigen, den Führerschein bald zu machen.