Girkhausen. Beim Brotmarkt setzt die Organisatoren auf regionale Produkte. Nur eines ist Importware: Und die liefert ein Holländer für seine neue Heimat.

Es geht wieder sehr schnell. Wer Backhausbrote aus Girkhausen haben will, der muss früh sein, denn die 290 Laibe finden schnell Abnehmer. Und wer sich nicht zwischen Körnerbrot oder klassischem Steinofenbrot entscheiden kann, der darf sich am Verkaufsstand bei Pfarrerin Christine Liedtke und Nicole Schäfer auch mal durch das Sortiment probieren.

Nicole Schäfer (l.) und Christine Liedtke kümmern sich um den Verkauf der Brote und bieten auch Schnittchen mit heimischer Wurst, Griebenschmalz und leckerem holländischen Käse an.
Nicole Schäfer (l.) und Christine Liedtke kümmern sich um den Verkauf der Brote und bieten auch Schnittchen mit heimischer Wurst, Griebenschmalz und leckerem holländischen Käse an. © WP | Lars-Peter Dickel

Hier gibt es nicht nur ganze Brote, sondern auch eine Girkhäuser Dreiklang von frisch geschmierten „Dongen“, belegt mit Leberwurst, Blutwurst und Griebenschmalz. Auch Käseliebhaber können sich freuen. Oude Rotterdamer Käse findet in dem Urlaubsort, der für viele Holländer eine zweite Heimat geworden ist, viele Abnehmer. Dafür sorgt schon Rob de Swart, der als gebürtiger Rotterdammer inzwischen in Girkhausen wohnt und den guten Käse aus der alten Heimat mitgebracht hat.

Der 2. Vorsitzende des Heimatvereins Jörg Homrighausen (l.) und Benjamin Bald bringen die frischen Brote vom Backhaus zum Heimatmuseum Drehkoite.
Der 2. Vorsitzende des Heimatvereins Jörg Homrighausen (l.) und Benjamin Bald bringen die frischen Brote vom Backhaus zum Heimatmuseum Drehkoite. © WP | Lars-Peter Dickel

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„Alles, was wir her verkaufen, kommt aus dem Dorf oder der Region.“

Björn Bald
Vorsitzendes des Verkehrs- und Heimatvereins
Jung und alt sorgen für gutes Brot und stoßen mit einem heimischen Bier an. Kai Patzschke (r.) und der Vorsitzende des Heimatvereins Björn Bald (l.) sind zufrieden mit dem Brot.
Jung und alt sorgen für gutes Brot und stoßen mit einem heimischen Bier an. Kai Patzschke (r.) und der Vorsitzende des Heimatvereins Björn Bald (l.) sind zufrieden mit dem Brot. © WP | Lars-Peter Dickel

Ansonsten legen die Girkhäuser viel Wert auf Regionalität. „Alles, was wir her verkaufen, kommt aus dem Dorf oder der Region. Die Wurstwaren sind in diesem Jahr von der Familie Schmidt. Im letzten Jahr hatte uns Daniel Lauber beliefert. Der Senf kommt vom Hofladen der Familie Piel und alles andere stammt aus unserem Dorfladen“, berichtet der neue Vorsitzende des Verkehrs- und Heimatvereins, Björn Bald. Zusammen mit vielen Helfern aus dem Dorf hat der Verein den 28. Brotmarkt organisiert.
„Wir haben am Donnerstag angefangen und das Backhaus angeheizt und den Teig zubereitet. Seit Freitagmorgen, 6 Uhr wird gebacken“, berichtet Bald. Unterstützt wurden die Heizer dabei vom MGV Girkhausen, der ihnen ein Ständchen brachte.

Erster Brotmarkt 1994

Der zentrale Ort für den Girkhäuser Brotmarkt ist das letzte funktionsfähige Backhaus im Ort. Es steht auf dem Grundstück der Familie Dickel-Koch - Hausname „Bau“ - direkt an der Odeborn. Es wurde 1870 errichtet und diente zehn umliegenden Familien als Backhaus.
1981 war es Ort eines ersten Backfestes. 1985 wurde das Haus dann erstmalig mit Fördermitteln erneuert. Dabei wurde der Dachstuhl samt Schieferdach erneuert und die Außenwände isoliert. Zuletzt wurden 2019 die rechte Seitenwand und die Fassade am Eingang komplett erneuert.

Von 1983 bis 1994 wurden hier die Girkhäuser Brote für den Wittgensteiner Brotmarkt gebacken. Vor 30 Jahren, 1994 feierte Girkhausen dann auch den ersten eigenen Brotmarkt, der ab 2009 vor dem Heimatmuseum Drehkoite ausgerichtet wird. Dass der Verkehrs- und Heimatverein in diesem Jahr nicht den 30 Brotmarkt feiern konnte, liegt an der Corona-Pandemie, die für zwei ausgefallene Feste sorgte.

Und Hilfe beim schnellen Verkaufen bringt auch ein ganz alter Brauch: Das Ausschellen. Das besorgt ein Nachfahre der letzten Ausscheller-Familie Girkhausens: Stefan Eckhardt. Der besitzt nicht nur die in der Familie weitergegebene originale Handglocke, mit der sein Großvater und sein Vater noch wichtige Ereignisse im Ort ankündigten. Er hat sich auch auf das alte Fahrrad seines Vaters Günter gesetzt, um damit durch das Dorf zu fahren und den Brotmarkt mit der über 100 Jahre alten Handglocke auszuschellen.

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„Wir haben alles probiert und es hat sehr, sehr lecker geschmeckt.“

Dirk Klingelhöfer
Brotmarktgast aus Bad Laasphe

In diesem Jahr konzentrierte sich das Team auf die zwei beliebtesten Sorten, das klassische Steinofenbrot und ein Körnerbrot. „Wir haben in diesem Jahr aber an den Rezepturen gefeilt“, erklärt der 2. Vorsitzende Jörg Homrighausen, der sich zusammen mit René Bals, Stefan Koch, Dennis Dickel und Torben Beil um den Sauerteig gekümmert hat. „Wir hatten Unterstützung von den Wunderthäusern um Carsten Bernhardt. Die haben noch mehr Erfahrung und haben uns geholfen, den Teig noch besser zu machen“, erklärt Homrighausen. Die fertigen Teigportionen gingen dann über in die Hände von Ludwig und Ferdinand Schmidt, Kai Patzschke, Anton Fuchs und Björn Bald. „Pro Backgang gehen so rund 40 Laibe in den Ofen“, erläutert Bald.

Der Heimatverein Girkhausen legt sich beim 28. Girkhäuser Brotmarkt mächtig ins Zeug und präsentiert Brote, Kuchen und Pizza aus dem 1870 erbauten Backhaus an der Odeborn. 
Der Heimatverein Girkhausen legt sich beim 28. Girkhäuser Brotmarkt mächtig ins Zeug und präsentiert Brote, Kuchen und Pizza aus dem 1870 erbauten Backhaus an der Odeborn.  © WP | Lars-Peter Dickel

Die Qualität der Waren stimmt. Das bestätigen Michaela und Dirk Klingelhöfer. „Wir haben vom Markt in der Zeitung gelesen und gehört, dass das Girkhäuser Backhausbrot ein ganz bekanntes Brot ist“, erklärt Dirk Klingelhöfer. Aber ganz ohne Anknüpfungspunkte sind die beiden aus Bad Laasphe nicht nach Girkhausen gefahren. „Meine Mutter hat mal hier gelebt“, erklärt Michaela Klingelhöfer. Und ihr Mann schätzt Backhausbrot. „Meine Großeltern aus Wallau haben immer im Backhaus gebacken“, berichtet er. Am Büdchen von Nicole Schäfer und Christine Liedtke haben die beiden dann auch den Girkhäuser Dreiklang mit Wurst und Schmalz und je ein Körner- und ein Steinofenbrot gekauft. „Wir haben alles probiert und es hat sehr, sehr lecker geschmeckt“, bestätigt Dirk Klingelhöfer die gute Qualität.

Michaela und Dirk Klingelhöfer sind eigens aus Bad Laasphe zum Brotmarkt nach Girkhausen gefahren.
Michaela und Dirk Klingelhöfer sind eigens aus Bad Laasphe zum Brotmarkt nach Girkhausen gefahren. © WP | Lars-Peter Dickel